Soziologische Systemtheorie und systemische Familientherapie: Einige Anmerkungen zu den Möglichkeiten eines Dialogs

Zusammenfassung

Der Dialog zwischen Familientherapeuten und Soziologen hat bereits eine kleine Tradition: das von Salvador Minuchin in den sechziger Jahren entwickelte Modell der strukturalistischen Familientherapie orientierte sich weitgehend an Parsons’ Modell der bürgerlichen Kleinfamilie und führte Pathologien auf unklare Rollenverteilungen in der Familie mit Verwischung der Generationengrenze zurück. Wegen seiner Normativität wurde dieses Modell von anderen Therapeuten jedoch abgelehnt. Besonders die Mailänder Gruppe um Selvini-Palazzoli suchte nach Beschreibungen von Familien, die einerseits die Autonomie der Beteiligten respektierten, andererseits aber auch erklärten, wie Familien “funktionieren”. Durch die Rezeption Batesons kam es zur Einführung kybernetischer Modelle. Seither bildete die Auffassung von Familien als Systemen eine Art semantische Brücke zu Theorien, die sich mit Systemen befassen. Vor allem durch die Auseinandersetzung mit Maturanas Modell autopoietischer Systeme und durch das Aufgreifen des Luhmannschen Kommunikationsansatzes kam es zu deutlichen Veränderungen im Verständnis des therapeutischen Tuns und in der Beschreibung seines Gegenstandes.