Zusammenfassung
Die Empfindung, unsere innere und äußere Wirklichkeit sei gespalten oder zerbrochen, gehört recht eigentlich zur Grunderfahrung des Menschen. Ob wir im Psalm (34.19) von denen lesen, die zerbrochenen Herzens sind — nischbrei-lev — oder wenn die doppelte Entfremdung so beschrieben wird: „Meine Freunde und Genossen stehen abseits von mir, und meine Nächsten halten sich ferne ... Denn ich bin nahe dem Falle, und mein Schmerz verläßt mich nie. Ja, ich bekenne meine Schuld und bin bekümmert ob meiner Sünde“(Ps. 38.12, 18/19), so kündigt sich uns über den Abgrund der Jahrtausende dasselbe Erleben an, wir können es mitfühlen: die Welt scheint zerfallen zu sein, das eigene Innere zerspalten; eine Stimme erhebt sich, die uns anklagt und verurteilt.
„Wie Felsenabgrund mir zu Füßen Auf tieferm Abgrund lastend ruht, Wie tausend Bäche strahlend fließen Zum grausen Sturz des Schaums der Flut, Wie strack, mit eignem kräftigen Triebe, Der Stamm sich in die Lüfte trägt: So ist es die allmächtige Liebe, Die alles bildet, alles hegt.“(Goethe, Faust, 2. Teil, 5. Akt, 11866 ff.)
ἄφωνα σημανοῦσιν ... ώς οὐχ ὐπέρφευ ϑνητòν ὄντα, χρὴ φρονεῖν. ὕβρις γὰρ ἐξανϑοῦσ̓ ἐκάρπωσεν στάχυν ἄτης, ὅϑεν πάγκλαυτον ἐξαμᾷ ϑέρος
(... stummberedte Zeugen ..., daß nicht übermäßig sei des Menschen Sinn. Unmaß nach kurzer Blüte setzt die Ähre an Der Schuld, die bald zu tränenreicher Ernte reift.) (Äschylus, Die Perser, 819–822)
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Literatur
Jeremías, 8.18–22; ich folgte im Zitat zumeist der Zwingli-Übersetzung.
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© 1993 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
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Wurmser, L. (1993). Einführung: Die Suche nach dem Absoluten und das Finden des Maßes. In: Die zerbrochene Wirklichkeit. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-77934-3_1
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