Zusammenfassung
Das Experiment im methodischen Sinn des Wortes wurde ursprünglich sanktioniert durch die Naturwissenschaften. In seiner klassischen Form hat es mit leblosen Objekten zu tun und ist damit sittlich neutral. Aber sobald lebende, fühlende Wesen Versuchsobjekte werden, wie dies in den biologischen Wissenschaften und speziell in medizinischer Forschung geschieht, verliert die Suche nach Erkenntnis diese Unschuld, und Gewissensfragen erheben sich. Wie tief diese das moralische und religiöse Empfinden aufwühlen können, zeigt der Streit um die Vivisektion seit dem 19. Jahrhundert. Experimente am Menschen müssen das Problem verschärfen, da sie an letzte Fragen persönlicher Sakrosanktheit rühren. Ein grundlegender Unterschied zwischen menschlichem und physikalischem Experiment, außer dem Unterschied zwischen beseelter und unbeseelter, fühlender und nichtfühlender Natur, ist dieser: Das physikalische Experiment benutzt künstlich angeordnete Substitute im verkleinerten Maßstab für das, worüber man Wissen gewinnen will, und der Experimentator extrapoliert von diesen Modellen und simulierten Bedingungen auf die Natur im großen. Etwas steht vertretend für die „wirkliche Sache? - z.B. Entladungen von Leydener Flaschen für den wirklichen Blitz.
Erstveröffentlichung in: Jonas H (1985) Technik, Medizin und Ethik. Insel, Frankfurt am Main. Abdruck mit freundlicher Genehmigung.
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Jonas, H. (1993). Im Dienste des medizinischen Fortschritts: Über Versuche an menschlichen Subjekten. In: Wagner, W. (eds) Arzneimittel und Verantwortung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-77778-3_6
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