Zusammenfassung
Für den Menschen der Gegenwart ist es nachgerade selbstverständlich, daß das Rechtsleben einer Rechtsgemeinschaft, insbesondere eines Staates, auf einer Verfassung beruht. An ihr wird der Geltungsanspruch der Gesetze, wird aber auch manch anderer Staatsakt (z.B. ein Grundrechte verletzender Verwaltungsakt) gemessen. Was der Verfassung widerspricht, gilt als verfassungswidrig, auf englisch: als unconstitutional. Der kontinentaleuropäische Jurist denkt, wenn von einer Verfassung die Rede ist, sogleich an eine Verfassungsurkunde. Geschriebene Verfassungen sind aber keine Selbstverständlichkeit. Die englische Verfassungdie in ihrer Weise als die älteste Europas bezeichnet werden kann - ist zum Großteil bis heute ungeschrieben. Dennoch kommt eine der hauptsächlichen Funktionen einer Verfassung, nämlich die Beschränkung der Träger staatlicher Gewalt auf bestimmte Befugnisse75, in der englischen Verfassungsgeschichte besonders deutlich zum Ausdruck. Das zeigt schon einer der wenigen geschriebenen Texte des englischen Verfassungsrechts: die Magna Charta von 1215. In ihr sicherte der König seinen Baronen nicht nur die Wahrung ihrer Privilegien, sondern die Respektierung von Maximen zu, die nachgerade rechtsstaatlich wirken76.
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References
Zu dieser Funktion K. Löwenstein, Verfassungslehre, 2. Aufl., 1969, 131
siehe auch Stourzh, Vom aristotelischen zum liberalen Verfassungbegriff, in: Fürst, Bürger, Mensch (Hrsg. Engel-Janosi u. a., 1975) 97 ff., 98 (ein überhaupt sehr lesenswerter Text).
Oestreich, Die Entwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in: Die Grundrechte (Hrsg. Bettermann u. a.) Bd. 1/1, 1966, 18 f.
Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 2 Bde., 1930/32.
Dargestellt wird das österreichische Verfassungsrecht von Adamovich/Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 3. Aufl., 1985 sowie von Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Aufl., 1992.
So auch Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Aufl., 1988, 19.
Über die Grundgedanken des Föderalismus vgl. etwa Friedrich, Politische Vierteljahresschrift 5 (1964) 154 ff.
Adamovich/Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 3. Aufl., 1985, 122 ff.
Knapp, Zeitschrift für Schweizerisches Recht 103 (1984) 275 ff.
Für eine solche Drittwirkung sind insbesondere eingetreten: Nipperdey, Grundrechte und Privatrecht, 1961
Leisner, Grundrechte und Privatrecht, 1960
Schwabe, Die sog. Drittwirkung der Grundrechte, 1971. Aus der neueren Diskussion vgl. vor allem Canaris, AcP, 184 (1984) 202 ff.
Repräsentativ Dürig, FS Nawiasky (1956) 157 ff.
Flume, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 3. Aufl., 1979, 20 ff.
Bydlinski, ÖZÖR 1963, 423 ff.
Zu ihr Grimm, Die Zukunft der Verfassung, 1991.
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Mayer-Maly, T. (1993). Verfassung und Verfassungsrecht. In: Einführung in die Rechtswissenschaft. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-77669-4_6
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