Zusammenfassung
In historischer Sicht ist für die hier zu diskutierende Problematik bedeutsam, daß sich das Deliktsrecht in Parallele zum Strafrecht entwickelt hat und bis zu Bindings Abhandlung über „Die Normen und ihre Übertretung“(1872) pönal verstanden wurde. Sowohl für die Naturrechtslehre und ihre Kodifikationen im 18. Jahrhundert wie für das gemeine Recht des 19. Jahrhunderts soll die Schadensersatzsanktion nicht aus sozialen Gründen Schäden ausgleichen, sondern dem Mißbrauch der Handlungsfreiheit durch Androhung von Sanktionen entgegenwirken. Das Recht stellt keine Konfliktsregel zur Verteilung von Unglücksschäden auf, ist kein Instrument materialer Gerechtigkeit, sondern soll als formaler Ordnungsfaktor der Abgrenzung der Freiheitsräume des einzelnen dienen. Die Klassiker des gemeinen Rechts, Savigny und Puchta, sahen in diesem Sinne das Delikt als Mißbrauch der Freiheit des einzelnen.1 Das sowohl im Vernunftsrecht (wenngleich mit Durchbrechungen2) als auch im gemeinen Recht anerkannte Schuldprinzip ist der haftungsrechtliche Ausdruck dieses Verständnisses des Schadensrechts.3 Es orientiert sich nicht am Schaden, will ihn nicht in erster Linie ausgleichen und verteilen, sondern erhebt die Bewertung der schädigenden Handlung zum Kriterium für das Eingreifen der Schadensersatzsanktion.4
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Literatur
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Assmann, Umwelthaftung in ökonomischer Analyse, in: Wagner (Hrsg.), Unternehmung und ökologische Umwelt, 1990, S. 201, 204 und 217.
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Rehbinder, E. (1992). Haftpflichtrecht und Verhütung von Umweltschäden aus juristischer Sicht. In: Haftung und Versicherung für Umweltschäden aus ökonomischer und juristischer Sicht. Studien zum Umweltstaat. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-77342-6_2
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