Zusammenfassung
Melancholische Zustände und Depressionen wurden als Krankheitszustände schon sehr früh systematisch beschrieben und in ihrer Gesamtsymptomatologie erfaßt. Ihre Wertigkeit im Rahmen der psychiatrischen Krankheitslehre war einem ständigen Wandel unterworfen. Depressionen im höheren Lebensalter sind häufig. Ob jedoch Depressionen im höheren Lebensalter häufiger vorkommen als in jüngeren Lebensjahren, darüber gibt es in der Literatur eher widersprüchliche Angaben. Hier spielen vor allem methodische Probleme eine Rolle. Es kommt darauf an, mit welchen diagnostischen Verfahren Depressionen erfaßt werden, ob die Untersuchungen von Psychiatern oder von nichtpsychiatrischen Ratern durchgeführt worden sind. Eine andere Fehlinterpretationsquelle ist die der Klassifikation der erfaßten Depressionen, d.h. ob eine Untersuchung alle Arten depressiver Syndrome summarisch erfaßt oder nur endogene oder nur schwerere Verlaufsformen als Depressionen registriert werden, die milden jedoch nicht. Bei den Depressionszuständen im höheren Lebensalter ist es schwierig, die Primärdiagnose Depression zu erfassen, wenn gleichzeitig ein schweres körperliches Krankheitsbild vorliegt. Die Tatsache, daß oft davon ausgegangen wird, daß ältere Menschen häufiger Depressionen aufweisen als jüngere, beruht z.B. auch auf der Einbeziehung jener Zustände, die ganz verständliche vorübergehende oder länger andauernde Dysphorien auf unglückliche Lebensumstände sind, ohne klinisch Depressionsfälle zu sein. Insgesamt weisen differenzierte international vergleichbare epidemiologische Untersuchungen darauf hin, daß die Prävalenz für nicht organische psychiatrische Erkrankungen in allen Lebensaltern ungefähr gleich hoch zu sein scheint.
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Kretschmar, C. (1993). Das Problem der chronifizierten Altersdepression. In: Möller, HJ., Rohde, A. (eds) Psychische Krankheit im Alter. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-77090-6_16
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