Zum Suizid alter Menschen im psychiatrischen Krankenhaus

Zusammenfassung

Dem Suizid im höheren Lebensalter wird angesichts der vergleichsweise großen Zahl von Suiziden in der wissenschaftlichen Diskussion vielfach eine besondere Bedeutung beigemessen. Darauf verweist u.a. auch der Begriff des „Alterssuizides“. Hinter diesem Begriff steht die Vermutung, daß alterstypische Merkmale entweder im Sinne einer spezifisch gearteten Konfliktkonstellation oder gar einer eigenständigen Konfliktdynamik das erhöhte Suizidrisiko alter Menschen begründen. Genannt werden im wesentlichen psychosoziale und somatische Faktoren, wobei letzteren, und da insbesondere psychischen, speziell das Gehirn betreffenden Prozessen, eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Dem entspricht die Tendenz vieler Untersucher, nahezu jeden Alterssuizidenten mit einer psychiatrischen Diagnose zu belegen. Es stellt sich die Frage, ob diese Typisierung in genügender Weise die Wirklichkeit beschreibt, zumal psychiatrische Diagnosen bei Suizidenten häufig nicht unabhängig vom suizidalen Verhalten gestellt werden. Davon unberührt ist der alleinige Verweis auf das Vorliegen einer psychischen Störung in vielen Fällen unzureichend, wenn es darum geht, genaueres über das — wie Anger (1977) es nannte — psychopathologische Substrat suizidaler Handlungen (im Alter) zu erfahren.