Zusammenfassung
Um uns einen Überblick von der Aufnahme der hermeneutischen Philosophie im englischen Sprachraum zu verschaffen, ist es vielleicht nützlich, zuerst zwischen ihren Auswirkungen innerhalb der hauptsächlich französisch beeinflußten Schule der dekonstruktiven Interpretation einerseits und innerhalb der einheimischen Schule der späten Sprachanalyse andererseits zu unterscheiden. Die Dekonstruktionisten — und hier denke ich an die Derrida, Levinas und Lyotard, Interpreten wie etwa John Caputo, dessen Radical Hermeneutics von der Idee der Emanzipation geleitet ist — versuchen in ihrer Interpretationstheorie alles, was in einem Text dem Einen einen Vorrang vor dem Anderen gibt, bloßzustellen und aufzulösen, alle Polaritäten und Dualitäten wie Geist und Leib, Mann und Frau oder Herr und Knecht umzukehren und abzubauen, und alles, was ein Text oder Diskurs an den Rand verschoben, unterdrückt oder ausgeschlossen hat, aufzuschließen und in die Mitte zu rücken. Nun ist es nicht schwer einzusehen, daß diese Schule sich sehr früh in ihrer Entwicklung von der Gadamer’schen Hermeneutik abwenden mußte, deren eher konstruktive und konservative Intention einem überzeugten und radikalen Dekonstuktionisten zumindest unbehaglich sein müßte. Und in der Tat ist m. E. die Zukunft der Gadamer’schen Hermeneutik im englischen Sprachraum wegen ihrer immer deutlicher werdenden Unverträglichkeit (ihrer Intention) mit der der Dekonstruktionisten nicht mehr in der zur Zeit von ihnen beherrschten Literaturwissenschaften und philosophy of literature zu suchen.
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Smith, C. (1990). Sichberatenlassen, Nachgiebigkeit, Verständnis (Bouleuesthai, Epieikeia, Synesis) Aristoteles, Gadamer und „Reasoning“. In: Wiehl, R. (eds) Heidelberger Jahrbücher. Heidelberger Jahrbücher, vol 34. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-75882-9_18
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