Zusammenfassung
Ich komme hier als Laie in einen Kreis, mit dem ich mich seit langem verbunden weiß. Ich war mit Viktor von Weizsäcker schon in den 30er Jahren befreundet, und ich habe hier in Heidelberg mit manchem seiner Kollegen und Schüler freundschaftliche Verbindungen gepflegt. Aber leider ist es nicht immer so, wie man sich das mit solcher Nachbarschaft wünschen möchte. Ich darf an Sokrates erinnern, der auf eine Feier zu Ehren eines großen Tragödiendichters, eines gewissen Agathon, eingeladen war.1 Sokrates kommt bei diesem Gastmahl zwischen Agathon und dem berühmten Komödiendichter Aristophanes zu sitzen und sagt: „Es wäre ein schönes Ding mit der Weisheit: wenn sie so wie Wasser an einem Wollfaden von einem Gefäß in ein anderes hinüberflösse, dann würde ich von meinen beiden Nachbarn viel lernen können.“ Da dem aber leider nicht so ist, wie eben Sokrates schon feststellte, bin ich hier trotz meiner Nachbarschaft in Verlegenheit. Schon der Titel hat mich bestürzt. „Das Philosophische“, was ist das bloß? Ich habe immer wieder darüber nachgedacht, um eine plausible Antwort zu finden. Wie sollte ich meinen Auftrag hier verstehen? Offenbar gehört es zum Wesen der Philosophie-im Unterschied zu den Wissenschaften -, daß man Fragen stellt, die einen nicht loslassen, auch wenn man sie nicht beantworten kann. In diesem Sinne ist die Frage, was das Philosophische sei, selbst eine philosophische Frage, auf die es keine Antwort gibt.
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Gadamer, HG. (1990). Das Philosophische und die praktische Medizin. In: Zappe, H.A., Mattern, H. (eds) Das Philosophische und die praktische Medizin. Brücken von der Allgemeinmedizin zur Psychosomatik. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-75494-4_8
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