Zusammenfassung
Auf der Landkarte der Wissenschaften ist der Ort der Psychiatrie nicht scharf umrissen. Von den „verstehenden“ Geisteswissenschaften trennt sie die Bindung an das naturwissenschaftliche Substrat zahlreicher psychischer Störungen; gegen die „nomothetischen“ Naturwissenschaften ist sie abgesetzt, weil sich die Komplexität menschlichen Erlebens, Befindens und Verhaltens dem reduktionistischen Zugriff metrischer Verfahren oftmals entzieht. Diese wissenschaftstheoretische Sonderstellung teilt sich dem Argumentationsstil des Fachs mit. Der Jurist etwa kann sich stets an ein Positivum, an das Gesetz als Ursprung der Entscheidungsbildung halten. Dagegen sind „positive“ Bindungen psychiatrischer Ableitungszusammenhänge rar, die Evidenzquellen des Fachs, weil weder standardisiert noch monopolisiert, von unübersichtlicher Vielzahl, die Argumentationsstränge lang, bisweilen umständlich. Daher rührt der Vorwurf, psychiatrische Diagnosen seien austauschbar, ersetzbar, letztlich in das Belieben des Beurteilers gestellt.
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Saß, H., Wiegand, C. (1990). Operationalisierte Klassifikationssysteme in der forensischen Psychiatrie Fortschritt oder Irrweg ?. In: Kerner, HJ., Kaiser, G. (eds) Kriminalität. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-75418-0_23
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