Zusammenfassung
Erst als im Büro hoch arbeitsteilig organisierte, perspektivlose Arbeitsplätze geschaffen waren, stand auch Frauen der Weg in die „Schreibtischarbeit“ offen. Diese Erklärung für den Einzug der Frauen in die frühere Männerdomäne Büro findet sich sowohl in der deutschen wie auch in der us-amerikanischen Industriesoziologie (vgl. Pirker 1961; Braverman 1977; Crompton, Reid 1982). Nicht zuletzt auf dem Hintergrund der Entwicklung in den 1970er und 1980er Jahren ist diese These sicherlich zu modifizieren, insbesondere für den Bereich der kaufmännisch-verwaltenden Arbeit. Zwar arbeiten Frauen auch im Büro auf den jeweils bereichspezifisch gefaßt „schlechteren Arbeitsplätzen“ am unteren Ende der beruflichen Hierarchie: So weist die Berufsgruppe der Stenotypisten, zu denen Berufe wie Stenotypistinnen, Sekretärinnen und Schreibkräfte gehören, einen Frauenanteil von 97, 4% auf1 Frauen stellen aber gleichzeitig einen hohen Prozentsatz der Beschäftigten in der einfachen oder routinisierten Sachbearbeitung, teilweise nehmen sie Arbeitsplätze in der qualifizierten Sachbearbeitung ein. Es gibt nach wie vor geschlechtsspezifische Trennungslinien, die sich aber “nach oben” verschoben haben. Von daher ist es m.E. sinnvoller, von einer „Arbeitsplatzgraduierung“ (Gottschall; Müller 1986:3) auszugehen. Indikatoren für einen „qualifizierten Einsatz“ von Frauen sind m.E. dabei die relativ hohe allgemeine Schulbildung und die relativ gute berufliche Bildung, die Frauen im Bürosektor aufweisen: So ist der Anteil von Frauen mit Volksschulabschluß von 1970 bis 1982 um 16 Prozentpunkte zurückgegangen, gleichfalls zurückgegangen ist der Anteil der Frauen ohne berufliche Ausbildung (um 17 Prozentpunkte). Angestiegen ist im gleichen Zeitraum der Anteil von Frauen mit Realschlußabschluß um 10, mit Abitur um 6 Prozentpunkte, angestiegen ist gleichfalls der Anteil von Frauen mit einer Lehre, bzw. Berufsfachschulabschluß um 14 Prozentpunkte (Troll 1984:9). Im Unterschied zum industriellen Sektor liegt der Anteil von Frauen mit einem beruflichen Abschluß sehr hoch. Dieses Auseinanderfallen zwischen relativ hoher formaler Bildung der beschäftigten Frauen und der relativ geringen Bewertung von Frauenarbeit im Büro deutet darauf hin, daß nicht nur spezifische Belastungs-und Leistungspotentiale von Frauen ausgenutzt werden, sondern auch besondere Qualifikationen.
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Literatur
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Heinig, S. (1989). Qualifikationsveränderungen im Rahmen des Einsatzes neuer Technologien im Bürobereich oder heißt die Technisierung von Büroarbeit Dequalifizierung von Frauenarbeit?. In: Schelhowe, H. (eds) Frauenwelt — Computerräume. Informatik-Fachberichte, vol 221. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-75164-6_3
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