Zusammenfassung
Wenn ich mich meinem Arbeitsbereich in der Psychiatrie unter dem Oberbegriff der „ökologischen Gesundheitsforschung“ zu nähern versuche, bekomme ich es mit einer Komplexität zu tun, die nicht so schnell und einfach zu reduzieren zu sein scheint: Das Zusammenbringen der ökosystemischen Perspektive mit dem täglichen Umgang und der Begegnung mit Patienten und der Arbeit in einem großen psychiatrischen Versorgungssystem wirft an manchen Stellen mehr Fragen auf, als auf den ersten Blick zu beantworten sind. Dazu, so meine ich, ein treffendes Zitat von Bradford Keeny (1983):
Der sogenannte erfolgreiche Therapeut oder Arzt, der sich daranmacht, menschliche Probleme und Krankheit auszurotten, wird nicht mehr in Übereinstimmung mit der Ökologie handeln. Denn er würde sich daranmachen, die Variable Pathologie zu minimalisieren und die Variable Gesundheit zu maximalisieren. Wie uns aber Ökologen schnell klarmachen erscheint leider, sobald wir ein Übel beseitigt haben, ein neues. Ein umfassendes Verständnis von Ökologie beschreibt Gesundheit und Pathologie wiederum als kybernetische Komplementarität.
Es macht in diesem Zusammenhang einen Unterschied, ob der Fokus der Aufmerksamkeit gemäß dem medizinischen Modell auf der Störung liegt, welche durch geeignete Maßnahmen zumeist medizinischer Art zu beseitigen ist, oder aber ob mittels einer umfassenderen Sichtweise der möglichen Sinnhaftigkeit eines Symptoms in bezug auf einen größeren Zusammenhang nachgespürt werden kann.
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Literatur
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Vieten, B. (1990). Systemisches Denken im Kontext des psychiatrischen Versorgungssystems: Ökologische Gesundheitsforschung. In: Laaser, U., Wolters, P., Kaufmann, F.X. (eds) Gesundheitswissenschaften und öffentliche Gesundheitsförderung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-75091-5_23
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