Zusammenfassung
Max Webers Ideal einer möglichst werturteilsfreien Wissenschaft ist — so scheint es mir — nach wie vor ein anstrebenswertes Ideal. Wiewohl selbstverständlich Webers Forderung selbst ein Werturteil ist und bei der Wahl des Forschungsobjekts und der Perspektive, aus der es betrachtet wird, Werturteile nicht zu umgehen sind, kann doch ein ehrliches Bemühen um Vermeidung von Werturteilen („gut“, „schlecht“, „besser“, „schlechter“, „empfehlenswert“, „abzulehnen“ etc.) in der Analyse dazu beitragen, die Ist-Zustände vorurteilsloser und transparenter darzustellen sowie den wissenschaftlichen Dialog zwischen Forschern mit sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Zielen zu erleichtern. Doch wie sehr man auch dieses Wertfreiheitsziel befürworten mag, man kommt nicht um das Faktum herum, daß in einer politisch und gesellschaftlich so aufgeladenen und konfliktreichen Materie, wie es das Wirtschaftsleben ist, nur wenige Autoren um die Äußerung expliziter oder impliziter Werturteile — und dazu gehört auch die wenig hinterfragte (nämlich Verteilungsfragen vernachlässigende) „Empfehlung“paretooptimaler Effizienz! — herumkommen. Und es sind nicht zuletzt gerade jene Wissenschaftler, welche das Weber’sche Postulat besonders hervorheben, bei denen es im weiteren Verlauf ihrer Untersuchungen von offenen und versteckten Werturteilen nur so wimmelt.
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Literatur
Siehe dazu R. Möller, Interpersonelle Nutzenvergleiche. Wissenschaftliche Möglichkeit und politische Bedeutung (Göttingen 1983)
I. M. D. Little, A Critique of Welfare Economics, 2nd ed. (Oxford 1957)
So definiert z. B. Wöhe in seiner „Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre“(hier zitiert nach der 2. Auflage, Berlin 1962) die „Präferenzpolitik“, die ungefähr meinem Marketingbegriff entspricht, wie folgt: „Unter dem Begriff Präferenzpolitik fassen wir alle absatzpolitischen Maßnahmen des Betriebes zusammen, die das Ziel haben, Absatzwiderstände am Markt nicht oder nicht allein mit Hilfe des Preises zu überwinden, sondern mit Hilfe von intensiver Werbung, der Gestaltung der Produkte und des Sortiments, der Gewährung günstiger Zahlungs- und Kreditbedingungen und zusätzlicher Kundendienstleistungen, also mit Mitteln, die den Nachfrager veranlassen, das angebotene Gut oder den anbietenden Betrieb anderen Gütern der gleichen Warengattung bzw. Konkurrenzbetrieben vorzuziehen“(S. 273). Es ist in Zusammenhang mit meinen Überlegungen übrigens nicht uninteressant, daß Wöhe immerhin fast zwanzig Seiten dieser „Präferenzpolitik“widmet, während in der, 1929 in der Göschen-Sammlung erschienenen „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre der Unternehmung“von Mellerowicz zwar auch von Absatz die Rede ist, aber Marketing, Werbung, Produktgestaltung und dergleichen überhaupt nicht vorkommen
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Rothschild, K.W. (1989). „Das größte Glück der großen Zahl“ oder Warum sind wir nicht glücklicher?. In: Gahlen, B., Meyer, B., Schumann, J. (eds) Wirtschaftswachstum, Strukturwandel und dynamischer Wettbewerb. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-74128-9_24
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