Zusammenfassung
Das Anliegen der vorliegenden Untersuchung besteht darin, einen substantiellen Beitrag zur Erklärung der Beziehungen zwischen Schmerzwahrnehmung und somatosensorischer Wahrnehmung (Synonym: Interozeption) zu leisten. Bisher waren Bemühungen um die Identifikation individualspezifischer und situations-spezifischer Antwortmuster hinsichtlich der Detektion und Wahrnehmung körperinterner Vorgänge nicht sehr erfolgreich (Otto 1986), obgleich die Somatosensorik ein sehr breites Spektrum unterschiedlicher Informationsquellen abdeckt. Sie betrifft entsprechend sinnesphysiologischer Systematik die Wahrnehmung von Afferentationen aus dem gesamten Intestinum (Viszerozeption) und aus dem Bewegungsapparat (Propriozeption). Zur Funktion des interozeptiven Systems gehört bekanntlich die Aufnahme, Verarbeitung und Weiterleitung von Schmerz-, Druck- und Temperaturwahrnehmung aus den inneren Organen (vgl. Schmidt u. Thews 1985). Die Mechanismen der Schmerzwahrnehmung sind also Teilmechanismen der somatosensorischen Wahrnehmung. Im Psychischen sind diese Beziehungen offenbar weit weniger stringent, wie die oben genannten Ausführungen von Otto (1986) belegen. Es wurden deshalb folgende Fragestellungen untersucht:
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1)
Wenn von chronischen Schmerzpatienten angenommen werden kann, daß ihre Schmerzwahrnehmung ausgeprägter ist als die Gesunder, dann müßten sich die Schmerzprofile als Resultat klinischer und experimenteller Schmerzmessung bedeutsam voneinander unterscheiden.
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2)
Falls die Schmerzwahrnehmung (wie oben erläutert) eine spezifische Form der somatosensorischen Wahrnehmung ist, folgt daraus, daß somatosensorische Wahrnehmung bei chronischen Schmerzpatienten ausgeprägter bzw. differenzierter sein müßte als bei Gesunden. Die Interozeptionsprofile beider Stichproben müßten sich somit voneinander unterscheiden.
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3)
Da am Menschen die Schmerzwahrnehmung methodisch ökonomischer und rationeller untersucht werden kann als die somatosensorische Wahrnehmung, soll geprüft werden, ob Variablen der klinischen und experimentellen Schmerzmessung geeignete Prädiktoren der interozeptiven Variablen sind. Es wird dabei angenommen, daß die Beziehungen der beiden Variablensätze bei chronischen Schmerzpatienten enger sind als bei Gesunden.
Die Untersuchung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (AZ II B Scho 327/1-1, 1–2, 1–3) im Rahmen des Schwerpunktprogrammes „Nozizeption und Schmerz“ gefördert.
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Literatur
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Scholz, O.B., Curio, J., Rau, R. (1989). Beziehungen zwischen somatosensorischer Wahrnehmung und Schmerzwahrnehmung bei Patienten mit progressiv-systemischer Sklerose. In: Speidel, H., Strauß, B. (eds) Zukunftsaufgaben der psychosomatischen Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-73842-5_27
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