Zusammenfassung
In einer Tagebuch-Eintragung von 1834 berichtet Emerson über eine Unterhaltung in der Postkutsche auf der Fahrt von New Bedford nach Boston. Sein Gesprächspartner war ein Matrose der amerikanischen Walfangflotte, die mit 700 Schiffen in New Bedford und Nantucket beheimatet war. Ihre wirtschaftliche Bedeutung war groß; wegen ihrer Abenteuerlichkeit beherrschte sie das Tagesgespräch. So hörte Emerson, wie ein aus der Tiefe auftauchender Wal mit seinem acht Meter langen Rachen das Beiboot des Erzählers wie eine Nußschale zerknackte; nur ein rechtzeitiger Sprung in das aufgewühlte Meer rettete die Mannschaft vor dem Jona-Schicksal. In den Teilen der Weltmeere, wo sich solehe Zusammenstöße häuften, unterschieden die Seeleute besonders gefährliche Wale und gaben ihnen individuelle Namen. Der berüchtigtste war Mocha Dick, so genannt, weil er zuerst bei der südehilenischen Insel Mocha operierte. Seine Geschichte beginnt im Jahre 1820, als er mit der Wucht seines 100 Tonnen schweren, 30 m langen Körpers gegen die Breitseite des Walfangschiffes Essex anstürmte und es versenkte. Von der Besatzung wurden nur fünf Mann nach Wochen aufgefischt. Der eine von ihnen, der erste Maat, berichtete darüber in einer volkstümlichen Broschüre. An diese Geschichte kristallisierten sich in den folgenden Jahrzehnten zahllose Anekdoten an. Einmal eröffneten drei Walfänger zusammen die Jagd, aber das Experiment endete mit dem Verlust von einem Schiff und drei Booten sowie dem Tod von sieben Seeleuten. Erst im Jahr 1859 gelang im Südatlantik die Erlegung eines altersschwachen, riesigen weißen Wals, der mit neunzehn Harpunen im Rücken und Narben an der Kopfseite die Kennzeichen des sagenhaften Mocha Dick trug. Die USA standen damals vor dem Bürgerkrieg, die Walfängerei war nicht mehr im Brennpunkt des Interesses, und so kam der Bericht erst 1892 in die Presse.
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Sühnel, R. (1987). Melvilles Moby Dick: Versuch einer Deutung (1956). In: Make it New. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-72543-2_11
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