Zusammenfassung
Während der Ausbildung der Mediziner und Psychologen an den Universitäten wird jeweils ein psychopathologisches Entstehungsmodell gelehrt und einige andere kritisch besprochen. Dies gilt aber kaum für die Abhängigkeit dieses Entstehungsmodells von der jeweiligen Gesellschaftsstruktur. So ist inzwischen allgemein anerkannt, daß das FREUDsche Neurosenmodell nicht 100 Jahre vorher und auch nicht in unserer Zeit hätte entstehen können, sondern in seiner spezifischen Ausprägung eine Funktion der bürgerlichen Gesellschaft, und zwar der Wiener Gesellschaft der Jahrhundertwende war, in der das Sexualverhalten in einer ganz extremen Form tabuisiert war, aber im Gegensatz zu den gesellschaftlichen Normen gestaltet und das Verhältnis von Mann und Frau in einer bestimmten Form geregelt wurde. Eine große Anzahl psychisch-neurotischer und organischer Erscheinungen muß auf die Tabuisierung und Repression zurückgeführt werden. In dieser gesellschaftlichen Situation entstand eine psychoanalytische Theorie, die ein anderer geschaffen hätte, wenn es Freud nicht gegeben hätte.
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Szewczyk, H. (1979). Entstehungsmodelle psychopathologischer Störungen und Gesellschaft. In: Helm, J., Rösler, HD., Szewczyk, H. (eds) Klinische Psychologie. Psychologie und Gesellschaft, vol 11. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/978-3-642-72349-0_2
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Online ISBN: 978-3-642-72349-0
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