Die Interozeption körperlicher Empfindungen bei somatoform gestörten Patienten

Zusammenfassung

Phänomene wie Atemnot, Muskelanspannung, Magen- und Darmtätigkeit, Übelkeit, Herzschlagen, Schmerzen, aber auch Hunger, Durst, Müdigkeit, sexuelle Sensationen und Harn- und Stuhldrang sind alltägliche Erfahrungen. Die genaue Wahrnehmung dieser körpereigenen Zustände und Prozesse erleichtert die Interpretation und Bewertung von Symptomen als neutral oder krankheitsrelevant, und ist somit eine wichtige Fähigkeit, um angemessen auf interne Zustandsänderungen reagieren zu können. Trotz der offensichtlichen Bedeutung interozeptiver Phänomene für Gesundheit und Krankheit ist dieser Forschungsbereich jedoch lange vernachlässigt worden. Ein Grund, der dafür ausschlaggebend gewesen sein könnte, liegt in der bis in jüngste Zeit verbreiteten Ansicht, daß die afferenten Fasern des vegetativen Nervensystems, welche die Viszera innervieren, keine (sensorische) Funktion besitzen. Ein weiterer Grund für das Desinteresse an interozeptiven Phänomenen lag vermutlich in der raschen Weiterentwicklung von diagnostischen Verfahren, die es erlaubten, physiologische Prozesse immer besser objektiv zu erfassen und zu quantifizieren. Damit wurde objektiven Meßdaten oft der Vorzug vor subjektiven Wahrnehmungsberichten gegeben.