Zusammenfassung
Die Technisierung der Medizin, die Einführung der Gesetzlichen Krankenversicherung und die Verstaatlichung der gesundheitspolitischen Verantwortung für präventive Belange1 haben das Gesundheitswesen zum Krankheitswesen, die Gesundheits„produktion“ zur Krankenversorgung und die Gesundheitspolitik zur Krankenkassenpolitik schrumpfen lassen. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hat sich die moderne Medizin ein völlig neues Krankheitskonzept geschaffen, ohne bei der Auflösung älterer Traditionen an die Stelle der klassischen Hygiene eine neue Gesundheitslehre zu setzen. Wie uns die Medizingeschichte lehrt, war die alte Medizin in erster Linie eine Lehre von der gesunden Lebensordnung und erst in zweiter Sicht ein System der Krankenversorgung. Die Heilkunde war eingewoben in das alltägliche Leben mit der Pflege von Grundbedürfnissen des Essens und Trinkens, der Bewegung und Ruhe, des Schlafens und Wachens und auch der Kultivierung der Leidenschaften. Die alten Heilkulturen in Mesopotamien, Ägypten, Indien, Israel, Griechenland und Italien fußten in ihrer Theorie auf für sicher gehaltenen Gesundheitslehren, die sich in ihrer Praxis als Gesundheitspflege äußerten. Eine Neubesinnung auf die Definition von Gesundheit und die Frage nach den Bedingungen gesunden Lebens oder gesundheitsförderlichen Handelns als grundlegende Voraussetzung primärer Prävention erscheinen unumgänglich.
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Ridder, P. (1987). Kritische Übersicht über das Begriffsfeld. In: Schaefer, H., Schipperges, H., Wagner, G. (eds) Präventive Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-71887-8_4
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