Olympia Morata und Die Anfänge Des Griechischen an Der Universität Heidelberg

Zusammenfassung

In der Geschichte des griechischen Humanismus in Deutschland spielt Heidelberg bereits seit der Frühzeit der Wiederentdeckung der Antike nördlich der Alpen eine wichtige Rolle. Den Anstoß zu einer Untersuchung der Anfänge des Griechischen speziell an der Universität dieser Stadt gab eine in der Forschung umstrittene und nur an einer einzigen Stelle überlieferte Nachricht über die im Jahre 1555 in Heidelberg verstorbene italienische Humanistin Olympia Fulvia Morata¹: Der Sekretär des Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz (1544–1556), Hubert Thomas, erwähnt in seinen Annales de vita et rebus gestis illustrissimi principis Friderici II Electoris Palatini, sein Fürst habe nicht nur den Ehemann der Morata, einen Arzt, „zur Zierde der Universität“ nach Heidelberg berufen, sondern auch die gelehrte Italienerin, und zwar ihren Mann als Professor der Medizin, und die Morata, „ut Graecas literas doceat“; sie sei an der Ausübung dieser Lehrtätigkeit bisher noch durch Krankheit gehindert worden, werde sie aber, wie der Chronist hoffe, bald aufnehmen². So sehr sich nun zahlreiche Biographen von der ungewöhnlichen Tatsache, daß eine Frau bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts hervorragende Kenntnisse sowohl in der lateinischen als auch in der griechischen Sprache and Literatur besaß, zur Darstellung des Lebens der Morata verlockt fühlten, so wenig waren doch die meisten von ihnen bereit, sich dieses seltsame weibliche Wesen auch noch dozierend an einer deutschen Universitdt vorzustellen, and sie verwiesen deshalb die Behauptung des Hubert Thomas z. T. geradezu barsch in den Bereich der Fabel³. Eine stichhaltige Begrundung fur das Bezweifeln der Aussage eines Mannes, der als enger Vertrauter des fur Berufungen letztendlich zustdndigen Kurfursten schließich wissen mul3te, was er da schrieb ⁴, gibt freilich keiner der Morata-Biographen, ja, daß man es bei dem wenig überzeugenden Verweis auf das Schweigen der ubrigen Quellen bewenden läßt, verrät m. E. nur allzu deutlich, daf3 hier eben wieder einmal einfach nicht sein kann, was nicht sein darf.