Zusammenfassung
Ehe ich Kerners weitere Entwicklung als Student in Tübingen beschreibe, möchte ich zunächst versuchen, die Fakultät zu schildern, an der er für die nächsten vier Jahre seine medizinische Ausbildung bekommen sollte, und gleichzeitig in Umrissen aufzeigen, was er als Medizinstudent in Tübingen lernte. Die medizinische Fakultät der Universität Tübingen wird in dem anläßlich des 500jährigen Jubiläums der Universität erschienenen Buch von Jens (1977) „Eine deutsche Universität, 500 Jahre Tübinger Gelehrtenrepublik″ im Kapitel „Ärzte, Chirurgen und viele Tote″ für die Zeit bis zu Kerners Studium im großen und ganzen recht negativ dargestellt: die Chirurgie sei größtenteils den Badern oder handwerklich ausgebildeten Wundärzten überlassen worden, die vom Tübinger Collegium Medicum geprüft worden seien und sich in drei oder vier Berufsklassen betätigt hätten: „Oben die Meister mit dem Messer, in der Mitte die zur Heilung von unbedeutenden Wunden und Geschwüren berechtigten Operateure und unten — nicht befugt, einen Lehrling auszubilden! — die Plebs der Blutegelsetzer, Bartscherer und Bader, jeder hatte seinen Bereich und seine Taxe″. „Zwar wurde das Fach Chirurgie auch an der Alma Mater gelehrt — aber eben nur in der Theorie. Das Messer führen konnte der Ordinarius nicht, das taten die Handwerksmeister im Lande…″. Auch in der inneren Medizin und den theoretischen Grundlagenfächern soll es nach Jens nicht sehr viel besser ausgesehen haben. Die Medizinprofessoren seien abergläubische Ignoranten gewesen, die wegen Leichenmangels nicht einmal anatomische Demonstrationen abhalten konnten.
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Grüsser, OJ. (1987). „Mit ein bisgen neumodischer Phantasie und mit Galimathias heilt man keine Kranken″. In: Justinus Kerner 1786–1862. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-71594-5_4
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