Hyper- und normotone Ängstlichkeit im Spiegel differenter biochemischer Reaktionsmuster auf Schmerz- und Leistungsstreß

Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag nimmt seinen Ausgang von 3 Ergebnissen aus unterschiedlichen Ansätzen der psychosomatischen Angst- und Hypertonieforschung:

• 1) In vielen psychometrischen Untersuchungen erweisen sich Patienten mit diagnostizierter essentieller Hypertonie als ängstlicher, introvertierter, femininer und neurotischer als Gesunde (Delius u. Fahrenberg 1963; Kidson 1973; Sainsbury 1964; Weyer u. Hodapp 1980).

• 2) Bei der Auswertung der Plasmakatecholamine in einem psychophysiologischen Experiment waren Hypertoniker mit geringer Noradrenalin-bei gleichzeitig hoher Adrenalinreaktion deutlich ängstlicher als Patienten mit umgekehrtem Reaktionsmuster, während dieser Unterschied bei Gesunden nicht bestand (Netter 1983). Dies kann als Hinweis darauf gewertet werden, daß — wenn überhaupt eine Beziehung zwischen Katecholaminreaktionen und Angst postuliert werden darf — ängstliche Hypertoniker mit anderen biochemischen Reaktionsmustern auf Belastungssituationen antworten als ängstliche Nichthypertoniker.

• 3) Aus der experimentellen Angstforschung ist bekannt, daß sich ängstliche und nichtängstliche Personen in Leistungssituationen stärker in ihren Angstreaktionen unterscheiden als bei der Antizipation oder Toleranz von Schmerz (Spielberger 1975; Saltz 1970). Physiologische Indikatoren der Schmerzreaktionen sind sogar häufig bei nichtängstlichen Personen ausgeprägter als bei ängstlichen (Schalling 1976).