Familieninteraktionen: Muster, die Entstehung und Verlauf einer Schizophrenie vorhersagen lassen

Zusammenfassung

In jüngster Zeit ist das Interesse am Thema Schizophrenie und Familie wieder gewachsen. Es ist schwer, die genauen Ursachen dieser neuen Aufmerksamkeit zu durchschauen. Eine Anzahl von Faktoren erscheint wichtig:

• 1. Der Trend zur ambulanten Behandlung Schizophrener und die Betonung der gemeindenahen Versorgung brachte viele Patienten in eine Art familien-ähnlicher Umgebung zurück. Die Untersuchung dieser Bereiche hat gezeigt, daß die Versorgungsaufgaben für die Patienten meist gut übernommen wurden. Oft kam es jedoch auch zu beträchtlichen Schwierigkeiten, ein Mitglied wieder aufzunehmen, das u.U. noch eine Reihe von Restsymptomen zeigte. Das Interesse an der Struktur der Familien und deren Einfluß auf den schizophrenen Patienten steht hier also im Vordergrund.

• 2. In den Arbeiten von Brown et al. (1972) und später Vaughn u. Leff (1976) aus Großbritannien wurde empirisch nachgewiesen, daß sich die negativen Einflüsse des familiären Umfeldes genauer beschreiben und mit standardisierten Methoden messen lassen. Ihre Arbeit über „Expressed Emotions (EE)“zeigte, daß Überengagement, Feindseligkeit und kritische Bemerkungen der Ange-hörigen des Patienten (gewöhnlich der Eltern), wie sie im standardisierten Camberwell Familieninterview (CFI) bei der stationären Einweisung des Pati-enten zu beobachten sind, die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls innerhalb der nächsten 9 Monate voraussagen lassen. Die EE-Variable, von der angenommen wird, daß sie aktuelle innerfamiliäre Einstellungen und Beziehungsprozesse widerspiegelt, verweist auf eine besondere Empfindsamkeit des Schizophrenen gegenüber bestimmten Elementen des familiären emotionalen Klimas.

• 3. In den vergangenen 10 Jahren gab es eine Anzahl von Forschungsprojekten, die sich mit den entwicklungspsychologischen Vorläufern der Schizophrenie des Erwachsenen beschäftigen (Garmezy 1974). Im Mittelpunkt dieser Untersuchungen standen Gruppen, die man für besonders schizophreniegefährdet hielt und die vor dem Auftreten einer Störung untersucht wurden. Diese Probanden wurden dann von den frühen Lebensphasen bis in das schizophrenie-gefährdete Erwachsenenalter begleitet. Bei einigen dieser Projekte wurden Familienmerkmale von Anfang an mit erfaBt, so daß deren Vorhersagekraft Oerprfift werden konnte. Diese Studien erreichten ein hohes Differenzierungsniveau bei der Einschdtzung der Familienbeziehungen. Sie erlaubten eine genauere Beschreibung der verschiedenen Parameter als ihre friffien Vorldufer. Einige der erfafßten Variablen wurden aus friffieren Untersuchungen von Familien erwachsener Schizophrener hergeleitet, z. B. Wynne and Singers Konzept der Kommunikationsstörung (Wynne et al. 1976). Andere Variablen stammen aus Untersuchungen über familiare Verlaufsfaktoren bei der Schizophrenie, v. a. auch die interpersonellen Auswirkungen der Kategorien des emotionalen Engagements (,,Expressed Emotions“).

Die hier angesprochene Untersuchung wurde durch die Projekte MH 08744 und MH 30911 des NIMH unterstützt. Unser besonderer Dank gilt J. A. Doane, J. M. Lewis und D. Miklowitz für ihre großzügige Mitwirkung an dem Forschungsprogramm, für das sie einige hier wiedergegebene Ergebnisse zur Verfügung stellten. I. Falloon überließ uns großzügig Daten aus seinem Projekt über Interventionen bei Familien mit schizophrenen Kindern.