Zusammenfassung
Die Familie Bertram, bestehend aus den Eltern, beide Mitte 50, und den Söhnen Karl (23) und Siegfried (20) erscheint einen Tag nach Karls Entlassung aus einer psychiatrischen Klinik zum Familiengespräch. Es handelte sich um Karls dritten Klinikaufenthalt innerhalb von 2 Jahren. Er litt jeweils - so war im Krankenblatt zu lesen - an einem schizophrenen Schub, gekennzeichnet durch anfängliche motorische Unruhe und Wahnwahrnehmungen, später durch autistischen Rückzug. In der Sitzung zeigt sich Karl zunächst steif, mißtrauisch und verschlossen. Als er schließlich redet, klagt er die Eltern an: Sie hätten ihn gegen seinen Willen zu diesem nutzlosen Gespräch geschleift. Die Eltern, in die Defensive gedrängt, listen Karls während der letzten Jahre gezeigten Unarten auf, z. B. sein Schuleschwänzen, albernes Kichern in Gegenwart Fremder, sein terroristisches nächtliches Blasen auf der Trompete. Das alles ließe sich nur damit erklären und entschuldigen, daß er krank sei. Die Anschuldigungen der Eltern beantwortet Karl mit schnippischem Gekicher. Siegfried, der sich im Hintergrund hält, wirkt eher eingeengt und ängstlich. Die Eltern beteuern ihre völlige Übereinstimmung in allen Dingen. Während des Gesprächs tauschen sie aber kaum Gefühle und Gedanken aus. Sie leben offenbar eng verklammert, jedoch parallel zunicht miteinander. Dabei hätten sie Grund, sich auszutauschen und aneinander eine Stütze zu suchen. Die Mutter sieht müde, abgespannt, frühzeitig gealtert aus. Sie habe schon öfter daran gedacht, sich das Leben zu nehmen. Der Vater gebärdet sich forscher. Aber seine Forschheit scheint eine tiefe Unsicherheit zu überspielen: Er hat, so hören wir fast beiläufig, bereits 2 Herzinfarkte hinter sich.
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Stierlin, H. (1985). Überlegungen zur Familientherapie bei schizophrenen Störungen. In: Stierlin, H., Wynne, L.C., Wirsching, M. (eds) Psychotherapie und Sozialtherapie der Schizophrenie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-69892-7_19
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