Einfluß von Indapamid und verschiedenen Diuretika allein oder in Kombination mit Betablockern auf Lipoproteine im Serum

Zusammenfassung

Im Jahre 1976 begannen wir mit prospektiven Studien über den Einfluß von allein oder in Kombination mit Beta-Blockern verabreichten Diuretika auf die Lipoproteine im Serum von normo- oder hypertonen Individuen. Gegenüber der Placebo-Vergleichsgruppe ließ eine Monotherapie mit verschiedenen Diuretika über vier bis sechs Wochen die Beta-Lipoprotein-Fraktion (Furosemid, 80 mg/d, oder Chlorthalidon, 100 mg/d; n = 16) oder das Low-density-lipoprotein- Cholesterin (LDL-C) (Chlorthalidon, 100 mg/d, n = 27 Männer; Tielinsäure, 250 mg/d, n = 16 Männer; Clopamid, 5 mg/d, n = 17 Männer; oder Muzolimin, 20 bis 40 mg/d, n = 13 Männer oder Frauen in der Postmenopause) signifikant (p < 0,05) ansteigen. Bei 43 mit Indapamid (2,5 mg/d) behandelten Männern (32 normo ton, 11 mäßiggradig hyperton) wurde kein Anstieg von LDL-C beobach-tet. Die High-density-lipoprotein-Cholesterin-Fraktion (HDL-C) im Serum und die Konzentration der Apoproteine A₁, A₂ und B wurden durch keine dieser Verbindungen wesentlich verändert. Bei Frauen in der Postmenopause (n = 18) erhöhte Chlorthalidon (100 mg/d) signifikant die LDL-C-Fraktion, bei jüngeren Frauen (n = 18) jedoch nicht. Der Anstieg der LDL-C-Spiegel unter Monothera-pie mit Chlorthalidon konnte durch zusätzliche Verabreichung eines Beta- Blockers, gewöhnlich Propranolol oder Atenolol (n = 18), verhindert oder ruck-gängig gemacht wurden; die unter Monotherapie mit Clopamid erhöhten LDL-C-Spiegel wurden durch Zusatz des Beta-Blockers Pindolol (10 mg/d) wieder gesenkt (n = 17). Bei keiner der vorliegenden Untersuchungen waren die Veränderungen der Beta-Lipoprotein- oder LDL-C-Spiegel durch Schwankungen des Blutvolumens, der Serum-Glucose oder des -Insulins erklärbar oder korrelierten mit Veränderungen des Blutdrucks, des Kalium-, Renin-, Aldosteron-, Adrenalin- oder Noradrenalin-Spiegels im Plasma. Diese Beobachtungen deuten daraufhin, daß verschiedene Diuretika den LDL-C-Spiegel im Serum von Män-nern oder Frauen in der Postmenopause erhöhen können. Frauen vor der Meno-pause sind möglicherweise oft vor dieser Nebenwirkung geschützt. Zur Klärung der pathogenetischen und prognostischen Bedeutung der durch Diuretika hervorgerufenen Veränderungen der Lipoprotein-Spiegel sind in der Zukunft Langzeit-studien bestimmte Beta-Blocker Anstiege des LDL-C-Spiegels bei der Behandlung von Männern und Frauen in der Postmenopause mit Diuretika anscheinend verhindern oder umkehren können.

Der Bluthochdruck und bestimmte Veränderungen im Lipoprotein-Stoff- wechsel sind sehr wichtige kardiovaskuläre Risikofaktoren. Eine nachdrücklich durchgeführte Einstellung des Blutdrucks mittels Diuretika, herkömmlicher Sympatholytika und, wenn nötig, Hydralazinen führte unter der hypertonen Bevölkerung zu einer deutlichen Verbesserung der kardiovaskulären Prognose, wenn auch mit fraglicher Auswirkung auf den Verlauf der koronaren Herzkrankheit [3,20]. Jüngere Untersuchungen machten jedoch darauf aufmerksam, daß die zusätzliche Verabreichung von Betablockern im Rahmen der Pharmakotherapie die Inzidenz von Myokardinfarkten bei hypertonen Patienten senken könnte [34]. Dies warf die Frage auf, ob die eher konventionelle Pharmakotherapie einen ungünstigen Einfluß auf einen anderen Risikofaktor für die Entstehung einer koronaren Herzkrankheit als die Hypertonie haben könnte, oder ob Betablocker eine positive Wirkung haben, die mit den früheren Sympatholytika nicht zu erzielen ist. Einer der in Betracht zu ziehenden Faktoren ist der Lipoprotein-Stoffwechsel. Verschiedene Forschungsgruppen beobachteten eine Tendenz zu erhöhten Triglycerid- und Cholesterin-Spiegeln im Serum von Patienten, die mit unterschiedli-chen Diuretika behandelt wurden [1,11,29,32]. Diese Hinweise sind wichtig, aber nur begrenzt interpretierbar, hauptsächlich deshalb, weil Schwankungen des Gesamt-Lipid-Spiegels im Serum per se wahrscheinlich ein weniger wichtiges Korrelat der Atherogenese darstellen als bestimmte Veränderungen im Verteilungsmuster der Lipoproteine im Blut. Wie epidemiologische Studien zeigten, kann sowohl eine Vermehrung der LDL-Cholesterin-(oder Beta-Lipoprotein-)Fraktion als auch eine Verminderung der HDL-Cholesterin-(oder Alpha-Lipoprotein-) Fraktion das Risiko einer koronaren Herzkrankheit vergrößern [7, 22].

Da über die Lipoprotein-Spiegel im Blut während der Behandlung mit blutdrucksenkenden Pharmaka keine Erkenntnisse vorlagen, begannen wir vor sieben Jahren mit prospektiven Untersuchungen über den Einfluß von Diuretika allein und in Kombination mit Betablockern. Die vorliegende Arbeit faßt unsere Ergebnisse zusammen und diskutiert sie unter Berücksichtigung der Befunde anderer Arbeitsgruppen.

Die vorliegenden Untersuchungen wurden teilweise durch die Nationale Schweizerische Wissenschaftsstiftung gefördert