Zusammenfassung
Ich lemte Glauser, der damals am Ende seiner 20er Jahre stand, im Frühling 1925 kennen. Er wurde völlig verwahrlost per Schub aus einer belgischen Irrenanstalt in die Schweiz zurückgebracht und durch die kantonale Armendirektion auf meine Abteilung als Patient eingeliefert. Es stand schon fest, daß er so bald wie möglich für unbestimmte Zeit in die Arbeitsanstalt abgeschoben werde. Brauchli, der ihn von einem früheren, fast einjährigen Aufenthalt 1918/19 her kannte, schilderte ihn als einen haltlosen, verlogenen, süchtigen Kriminellen, vor dem man die Öffentlichkeit umso mehr zu schützen habe, als er es immer wieder verstehe, sich Gönner zu verschaffen, die er dann schamlos ausnützte und bestahl. In der Tat schien das, was ich über seinen bisherigen Lebensgang zusammentragen konnte, eine derart vemichtende Beurteilung zu rechtfertigen. Glauser war das einzige Kind eines in Wien, später in Mannheim als Gymnasialprofessor für Französisch wirkenden Bemers und einer Wienerin, die früh starb. Von Kind aufwurde er bald brutalisiert, bald wieder maßlos verwöhnt, war meist bei fremden Leuten und landete schließlich im Landeserziehungsheim Glarisegg, wo er seiner Disziplinlosigkeit wegen hinausgeschmissen wurde. Es gibt Berichte darüber von seinem damaligen Lehrer Otto von Greyerz und dem Direktor von Glarisegg, Zuberbühler, dessen überragende Persönlichkeit später von Carl 1. Burckhardt in seinen Erinnerungen überzeugend geschildert wird. Anschließend besuchte Glauser das Gymnasium in Genf, wo er seine ersten literarischen Versuche machte, schließlich aber auch wieder das Consilium abeundi erhielt. Er bestand dann doch noch in Zürich an einer Privatschule die Matur und begann ein Chemiestudium.
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Müller, M. (1982). Friedrich Glauser91. In: Erinnerungen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-68435-7_9
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