Zusammenfassung
Unserer Fachkompetenz als Rechtsmediziner entsprechend beschränken wir uns bei der Behandlung der Thematik auf Aussagen über den vollendeten Selbstmord (wir verwenden im folgenden die Begriffe Suizid, Selbstmord, Selbsttötung, Freitod synonym, ohne hierdurch ethische oder juristische Wertungen implizieren zu wollen). Weiter stellen wir die Abgrenzung, also die Differentialdiagnose zwischen Suizid, Tötung und Unfall in den Vordergrund und weisen nur sekundär auf Trendänderungen hin. Ausgang unserer Analyse ist die entdeckte Tat, der Beginn kriminalpolizeilicher Ermittlungstätigkeit zur Aufklärung eines unnatürlichen Todesfalles. Diese Situation sei an 3 Beispielen demonstriert:
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1.
Ein als alkoholabhängig bekannter Mann, der bereits einen Suizidversuch unternommen hatte, wird eines Morgens in seiner Wohnung von einem Arbeitskollegen tot auf dem Sofa liegend aufgefunden. Eine Leuchtgasvergiftung wird diagnostiziert (Herber, 1969).
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2.
Ein 70jähriger, an den unteren Extremitäten und am rechten Arm gelähmter Mann, der sich nur auf dem Boden rutschend fortbewegen konnte, wurde auf der Erde sitzend, an sein Bett gelehnt, aufgefunden. Aus den Ohren war Blut geflossen, um den Hals lag ein kleinfingerdicker Strick (zit. nach Weimann u. Spengler, 1956).
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3.
Eine 50jährige, an Karzinophobie und depressiver Verstimmung leidende Patientin, hatte mehrmals versucht, Suizid zu begehen. Schließlich wurde sie in einem kaum brusthohen Weiher treibend tot aufgefunden. Die Leiche zeigte sog. Probierschnitte an den Handgelenken, zirkuläre Strangulationsmerkmale am Hals und eine Vulvaverletzung. Weitere Anknüpfungstatsachen fehlten. Der Tod trat wahrscheinlich durch Ertrinken ein (Rittner, 1980).
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Dotzauer, G., Berghaus, G. (1982). Der Suizid in der Abgrenzung gegen Unfall und Tötung — Entwicklungstendenzen. In: Reimer, C. (eds) Suizid. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-68093-9_8
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