Zusammenfassung
„Von fünf Uhr früh bis fünf Uhr nachmittags — Chemisches Laboratorium; von fünf bis acht — Spaziergänge mit unseren Freunden in den Bergen... Von acht oder neun Uhr abends bis zwölf— Musik im Saale der Hofmannschen Pension. So vergingen die Tage...“. Mit diesen Worten beschreibt K. S. Protopova Borodins Heidelberger Tageslauf 1). Am 19. September 1859 hatte die Konferenz der Medizinisch-Chirurgischen Akademie Sankt-Petersburg beschlossen, dem Dr. med. Aleksandr Porfiŕevič Borodin einen Fortbildungs- und Forschungsurlaub im Auslande zu gewähren. Das Protokoll vermerkt die bisherigen Leistungen des jungen Arztes: Nach einem ausgezeichneten Examen hatte er in einem Militärhospital gearbeitet und war gleichzeitig bei dem Lehrstuhl der Akademie für Allgemeine Pathologie und Klinische Diagnostik tätig; außerdem hatte er sich als Assistent des Lehrstuhls für Chemie bewährt und konnte zwei Abhandlungen vorweisen, die im Bulletin der Akademie der Wissenschaften zu Sankt-Petersburg veröffentlicht worden waren. Die Konferenz hielt das Auslandsstipendium für nützlich, um ihm die Möglichkeit weiterer Qualifikation zu eröffnen, ein häufig geübtes Verfahren, wenn man in einem jungen Wissenschaftler eine besondere Befähigung zu einer akademischen Karriere erkannte. In der Instruktion vom 13. November 1859 war sein Arbeitsprogramm beschrieben: Im Mittelpunkt standen Studien über reine und angewandte Chemie. Borodin sollte vor allem das Heidelberger Laboratorium Robert Bunsens besuchen sowie weitere in Paris und London.
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Anmerkungen
Stasov: Borodin, S. 18. — Eine Zusammenstellung der abgekürzt zitierten Literatur befindet sich am Schluß des Beitrages.
Figurovskij: Borodin, S. 183 f., Priloženija I, II. — Istorija Mediko-chirurgičeskoj Akademii za sto let [Geschichte der Medizinisch-chirurgischen Akademie seit 100 Jahren]. Sanktpeterburg 1898.
Sämtliche Biographien orientieren sich an Stasov: Borodin. Neue Einzelheiten enthält Dianin: Borodin. Die Herausgabe dieser Veröffentlichung besorgte der Sohn des Verf. A. P. Dianin (1. Aufl. 1955).
Piśma Borodina, S. 33–37.
Ebenda, S. 36.
Mladencev: Mendeleev, S. 157. — Pisarževskij: Mendeleev, S. 82–91. — Vgl. Sečenov: Zapiski, S. 13–15.
Sečenov: Zapiski, S. 93–95.
Annonce im „Heidelberger Journal“vom 22. November 1859: Aufführung im Stadttheater am 23. November: „Der Verschwender oder: Der Millionär und der Bettler“, Original-Zaubermärchen in drei Aufzügen von Ferdinand Raimund.
Pisma Borodina, S. 36 f.
Ebenda, S. 37.
Ebenda, S. 41 f.
Ebenda, S. 45 f.
Ebenda, S. 44. — Auch an der Schiller-Feier hatten die russischen Gäste interessiert Anteil genommen. Vgl. „Heidelberger Journal“Nr. 266, 268, 271 (13. — 19. Nov. 1959). — Sečenov: Zapiski, S. 99. Die Kammer hatte sich geweigert, das 1859 geschlossene Konkordat zu bestätigen, da sie durch Einzelbestimmungen die Lehrfreiheit und die Ehegesetzgebung bedroht sah. Um einem Verfassungskonflikt vorzubeugen, ließ Großherzog Friedrich das Konkordat fallen und berief am 2. April 1860 das liberale Ministerium Stabel-Lamey, dessen Amtsantritt die „Neue Ära“einleitete.
Piśma Borodina, S. 43 f. — Vgl. Die Stadt- und die Landkreise Heidelberg und Mannheim. Amtliche Kreisbeschreibung. Band 2, Karlsruhe 1968, S. 1025 f. Abbau und Verhüttung von Zinkerz wurden erst 1953 eingestellt.
Piśma Borodina, S. 47–51.
Die Stadt- und Landkreise… (wie Anm. 14), S. 76 f. — C. F. Prahl: Einwohner-Verzeichniß der Stadt Heidelberg. 11. Jahrg. für 1858 und 1859. Heidelberg o. J. Das Verzeichnis enthält sehr zahlreiche russische Personen, die dauernd in der Stadt ansässig waren. — Über die erste größere Begegnung mit Russen für Heidelberger vgl. H. Neubauer: Alexander I. in Heidelberg — 1815, in: Kieler Historische Studien (Festschrift Georg von Rauch) 1974, S. 160–170.
T. P. Passek: Iz dal’nich let. Vospominanija [Aus fernen Jahren. Erinnerungen]. T. 1. Moskva 1963, S. 14 ff. T. 2. Moskva 1963, S. 350 f., 454 f. — Mladencev: Mendeleev, S. 165; M. zählte allein im Juli 1860 etwa 50 durchreisende oder ansässige Russen. — Vgl. Sečenov: Zapiski, S. 97.
Stasov: Borodin, S. 18. — Neben Glinka zählten Liszt, Chopin, Schumann und Mendelssohn zu den beliebtesten Komponisten des Kreises.
Verzeichnis der musikalischen Werke B.s: Figurovskij: Borodin, S. 179–181 und Dianin: Borodin, S. 353 ff. Das zuletzt genannte ist genauer. Vgl. auch S. 47–50.
Piśma Borodina, S. 53 f.
Th. Curtius, J. Rissom: Geschichte des Chemischen Universitäts-Laboratoriums zu Heidelberg seit der Gründung durch Bunsen. Heidelberg 1908, S. 23–26, bes. S. 24. — Borodin u. a. erwähnen noch die jüngeren Heidelberger Naturwissenschaftler Georg Ludwig Carius, Friedrich Ludwig Knapp und Wilhelm Wundt. — Vgl. Secčenov: Zapiski, S. 95. — Mladencev: Mendeleev, S. 161 u. 157.
Th. Curtius, J. Rissom: (wie Anm. 21), passim. — G. Lockemann: Robert Wilhelm Bunsen. Lebensbild eines deutschen Naturforschers. Stuttgart 1949. (Große Naturforscher. Band 6).
G. Stübler: Geschichte der medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg 1386–1925. Heidelberg 1926, S. 296–308.
K. Freudenberg: Die Chemie in Heidelberg zur Zeit von L. Gmelin, R. Bunsen, V. Meyer und Th. Curtius, in: Heidelberger Jahrbücher 8 (1964), S. 87–92. Man spricht geradezu von dem „Triumvirat“Bunsen, Helmholtz, Kirchhoff.
G. Lockemann: (wie Anm. 22), S. 141 f. u. 191.
Ebenda, S. 22 f., 171 und 241 f. — Das Diplom, mit dem die „Allerhoechst bestätigte Pharmaceutische Gesellschaft zu St. Petersburg“unter dem 5./17. Okt. 1881 Bunsen die Ehrenmitgliedschaft verlieh, befindet sich in der Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek Heidelberg: Heid. Hs. 3751/3.
Sečenov: Zapiski, S. 94–96 u. 100.
Mladencev: Mendeleev, S. 222–242, Bibliographie seiner Arbeiten S. 267 f. — Pisarževskij: Mendeleev, S. 96–110.
P. Desaga konstruierte den sogen. Bunsen-Brenner. Die Tradition des Unternehmens wird durch die Firma DESAGA GmbH Nachf. Erich Fecht in Heidelberg fortgeführt. Freundliche Mitteilung von Frau Lilly F. Fecht vom 3. Dez. 1979.
Mladencev: Mandeleev, S. 172; vgl. S. 182 und 193.
Figurovskij: Borodin, S. 186.—191, Priloženie IV. Wiederabdruck aus: Sankt-Peterburgskie vedomosti 1860, Nr. 238. — Vgl. Pisarževskij: Mendeelev, S. 117 u. 142 (der Bericht erschien 1861 im Märzheft des „Sovremennik“). Mladencev: Mendeleev, S. 243–260.
Figurovskij: Borodin, S. 192 f. — Priloženie V.
Stasov: Borodin, S. 20. — Dianin: Borodin, S. 55 ff.
Figurovskij: Borodin, S. 185 f., Priloženie III.
Ebenda, S. 193–199, Prilozenie VI. (Abschlußbericht). Über die Einwirkung des Jodaethyls auf Benzidin, in: Zeitschrift für Chemie und Pharmazie 3 (1860), S. 533–536. Über einige Derivate des Benzidins, ebenda, S. 641–643. Sur les derivés monobromes des acides valérique et butyrique. In: Société chimique de Paris. Bulletin des Séances de 1858–1860. 1861, S. 252–254. Über die Wirkung des Zinkaethyls auf zusammengesetzte Aether, in: Zeitschrift für Chemie und Pharmazie 4 (1861) S. 8–12. Beitrag zur Geschichte des Benzils, ebenda 5 (1862), S. 580–581. Im Zusammenhang mit den Heidelberger Arbeiten sind zwei kleine Veröffentlichungen in „II Nuovo Cimento“15 (1862) sowie eine weitere in „Repertoire de chimie pure“4 (1862) zu sehen, vor allem jedoch: Referat ob uspechach farmacii v 1861 godu [Referat über Erfolge der Pharmazie im Jahre 1861], in: Voenno-medicinskij žurnal [Militär-medizinische Zeitschrift]č. 88 (1863) S. 220–234, 289–306, 371–403 und č. 90 (1864), S. 145–160. Vgl. FiGUROVSKij: Borodin, S. 172 f. — Dianin: Borodin, S. 47 und 51.
Sečenov: Zapiski, S. 97. — Vgl. PisarŽevskij, S. 115.
E. M. Gordeeva: Mogučaja kučka [Das mächtige Häuflein] Moskva 21966. — A. N. Krjukov „Mo-gučcaja kučka“, stranicy istorii Peterburgskogo kružka muzykantov [„Das mächtige Häuflein“, Blätter aus der Geschichte des Petersburger Musikerkreises]. Leningrad 1977.
Vgl. die Schallplattenaufnahme: Alexander Borodin, The Three Symphonies. The Toronto Symphony. Director: Andrew Davis. CBS Records 79 214 (1979). Die deutsche Erstaufführung des „Fürst Igor“fand 1925 in Mannheim statt.
K. BestuŽev-Rjumin: Biografičeskij očerk [Biographische Skizze] in: Sočinenija S. V. Eševskogo [Werke S. V. Eševskijs] Izd. K. Soldatenkova. Č. L. Moskva 1870, S. III—LXXXVII, bes. S. LXII—LXVII. — E. Marcks: Ludwig Häusser und die politische Geschichtsschreibung in Heidelberg, in: Heidelberger Professoren aus dem 19. Jahrhundert. Band 1. Heidelberg 1903, S. 285–354.
Vospominanija Borisa Nikolaeviča Čičerina. Putešestvie za granicu [Erinnerungen B. N. Čičerins. Auslandsreise] Moskva 1932 (Nachdruck 1973), S. 86–89, Zitat S. 88. — Vgl. V. Leontovitsch: Geschichte des Liberalismus in Rußland. Frankfurt (21974), S. 127–131, 238–247 u. passim. — SeČenov: Zapiski, S. 98.
Figurovskij: Borodin, S. 46. — Mladencev: Mendeleev, S. 166 f. — Im Heidelberger Stadtarchiv finden sich keine einschlägigen Informationen. Für Ausländer bestand keine Meldepflicht bei der Stadtverwaltung, zuständig war das Großherzogl. Oberamt. — C. F. Prahl Einwohner-Verzeichniß (wie Anm. 16) 12. Jahrg. 1860/61, S. 133 f. (Fremdenordnung).
Figurovskij: Borodin, S. 40–42; der Verf. verallgemeinert die Situation. Ähnlich Sečenov: Zapiski, Vorwort von Ch. Kostojanc, S. 4–6. — Vgl. dagegen Mladencev: Mendeleev, S. 159. — Die Betroffenen haben auch in späteren Zeugnissen stets ihre Dankbarkeit für Heidelberger Wissenschaftler hervorgehoben. Borodin besuchte die Stadt noch zweimal.
E. I. Lichačeva: Materialy dlja istorii vysšego ženskogo obrazovanija v Rossii [Materialien zur Geschichte der höheren Frauenbildung in Rußland], Sanktpeterburg 1901. — 1864 hatte die Medizinisch-Chirurgische Akademie Frauen ausschließen müssen. Die Universitätsordnung von 1863 begründete dies damit, daß das Studium von Frauen „einen schädlichen Einfluß auf einen erfolgreichen Verlauf des Unterrichts“haben könnte.
P. S. Tkačenko: Iz istorii vysšego obrazovanija ruskich ženščin [Aus der Geschichte der höheren Bildung russischer Frauen], in: Istorija SSSR (1979) 3, 5. 171 – 175.
Abgekürzt zitierte Literatur
Piśma Borodina=S. A. Dianin (Hrsg.): Piśma A. P. Borodina [Briefe A. P. Borodins] T. 1 (1857–1871). Moskva 1927/28.
Dianin: Borodin=S. A. Dianin: Borodin. Žizneopisanie, materialy i dokumenty [Borodin. Biographie, Materialien und Dokumente] Moskva 21960.
Figurovskij: Borodin=N. A. Figurovskij, Ju. I. Solovev: Aleksandr Porfiŕevič Borodin. Moskva, Leningrad 1950.
Mladencev: Mendeleev=M. N. Mladencev, V. E. Tiščenko: Dmitrij Ivanovič Mendeleev, ego žizń i deja-tel’nost’ [D. I. Mendeleev, sein Leben und Wirken] T. I., časti 1 i 2. Moskva, Leningrad 1938.
Pisarževskij: Mendeleev=D. Pisarževskij: Dmitrij Ivanovič Mendeleev. Moskva 1949.
Sečenov: Zapiski = Avtobiografičeskie zapiski Ivana Michajloviča Sečenova [Autobiographische Aufzeichnungen I. M. Sečenovs] Moskva 1945. (Eine gekürzte Fassung erschien bereits 1907.)
Stasov: Borodin=V. Stasov: Aleksandr Porfiŕevič Borodin. Ego žizń, perepiska i muzykal’nye stat’i 1834–1887 [A. P. Borodin, sein Leben, seine Korrespondenz und seine musikalischen Aufsätze] Izdanie A. S. Suvorina. S.-Peterburg 1889. (Eine kurzgefaßte Biographie B.s veröffentlichte der Verf. in: Istori-českij vestnik 28 (1887), S. 137–168.
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Neubauer, H. (1980). Chemiker und Musikant. In: Heidelberger Jahrbücher. Heidelberger Jahrbücher, vol 24. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-67713-7_7
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