Zusammenfassung
Im folgenden untersuchen wir die Wirkungsweise einer bestimmten gesellschaftlichen Entscheidungsregel, der einfachen Mehrheitsregel, unter gewissen, sehr restriktiven Annahmen. Theoretiker des demokratischen Prozesses haben der tatsächlichen Wirkungsweise von Abstimmungsregeln seit jeher wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Im großen und ganzen scheinen sie auch nicht daran interessiert gewesen zu sein, verallgemeinerte Voraussagen hinsichtlich der Ergebnisse tatsächlicher politischer Entscheidungsfindung zu machen. Diese relative Geringschätzung wird zumindest teilweise durch die implizite Annahme erklärt, daß die am kollektiven Willensbildungsprozeß Beteiligten bestrebt sind, das ‚Gemeinwohl‘zu fördern, obwohl dieses Konzept niemals definiert wird.
Aus dem Englischen übersetzt von Niels von Eisenhart Rothe mit freundlicher Erlaubnis der University of Michigan Press und der Verfasser J.M. Buchanan und G. Tullock: The Calculus of Consent. The Logical Foundation of Constitution. Ann Arbor: University of Michigan Press, 1962, S. 131–145; leicht gekürzt.
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Anmerkungen
Siehe A. Downs, Ökonomische Theorie der Politik. Tübingen, 1968 (Original: An Economic Theory of Democracy, New York, 1957)
und D. Black, Theory of Committees and Elections, Cambridge, Mass., 1958.
Ein interessantes Beispiel hierfür zeigt der Vergleich zwischen jenen Gemeinden, in denen die Stimmbürger über Bildungsausgaben mit anderen Ausgaben zusammen entscheiden und solchen Gemeinden, in denen in getrennten Entscheidungsgremien über die Festlegung der Bildungsausgaben und deren Finanzierung beschlossen wird. Ein solcher Vergleich findet sich bei J. Margolis, Metropolitan Finance Problems: Territories. Functions, and Growth, National Bureau of Economic Research (Hrsg.), Public Finances: Needs, Sources, and Utilization, Princeton (Mass.), 1961, S. 229–270.
Keine Lösung, die eine allgemeine Steuerfinanzierung von öffentlichen Dienstleistungen beinhaltet — wobei diese von verschiedenen Individuen ganz unterschiedlich eingeschätzt werden — kann pareto-Ausgleich führende Kompensationen erlaubt sind.
In der Praxis kann das Problem, die einstimmige Zustimmung der erforderlichen 51 Personen zu sichern, unlösbar sein. Bei der Diskussion unseres sehr speziellen Modells wollen wir von diesem Problem jedoch absehen.
D. Ellsberg behauptet in seinem Aufsatz ‚The Theory of Reluctant Duelist(American Economic Review, 46 (1956), S. 909–923), daß die gemeinhin akzeptierten Spieltheoriebegriffe in Wirklichkeit nur auf ‚widerwillige‘Spieler anwendbar sind. Unser Fall ist ein besonders klares Beispiel hierfür. Der einzelne Wähler muß „dieses Spiel spielen“, also mit 50 anderen seiner Art in Verhandlung treten, selbst wenn dies zu wenig befriedigenden Ergebnissen führt; jedes andere Verhalten wäre für ihn, unter den gegebenen Spielregeln, noch nachteiliger.
Siehe P.W. Bridgeman, The Way Things Are, Cambridge (Mass.), 1959, S. 268–69.
Nicht notwendigerweise für alle. Für einen oder mehrere Landwirte können deren persönliche Präferenzen hinsichtlich der Straßeninstandhaltung für eine so große Investition sprechen, daß „Maximierungsgleichgewicht“dem Kantianischen Median vorgezogen wird.
C.O. Hardy sprach im Zusammenhang mit diesem Argument davon, daß es die Aufgabe der „unsichtbaren linken Hand des Dr. Nourse“übernehme, d.h. derjenige, der im öffentlichen Interesse handle, versuche, damit sein eigenes Interesse zu fördern.
Als praktisches Beispiel nehme man an, daß alle Oststaatler an allgemeinen Plänen zum Ausbau natürlicher Wasserquellen interessiert seien. Für Südstaatler nehme man vollkommene Indifferenz an und für die Weststaatler postulieren wir als Gegensatz, sie seien einzig an ihrem eigenen einzelnen Bodenprojekt interessiert. In diesem Fall sollten die Oststaatler die Einführung von Logrolling unter den westlichen Maximierern begrüßen, da nur auf diese Weise die gasamten Programme zum Ausbau der Wasserressourcen genehmigt werden könnten.
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Buchanan, J.M., Tullock, G. (1979). Einfache Mehrheitsabstimmungen. In: Pommerehne, W.W., Frey, B.S. (eds) Ökonomische Theorie der Politik. Hochschultext. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-67420-4_6
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