Zusammenfassung
Soweit der Gegenstand der Nationalökonomie rein entscheidungslogisch behandelt werden kann, ergeben sich drei Problemkreise, welche mit der rationalen Aktion von Kollektiven zu tun haben:
-
(i)
Ein Kollektiv mit einheitlichem Ziel der Mitglieder, vielfach als „Team“bezeichnet, hat nur die Frage nach einer optimalen Kooperation der Mitglieder zu lösen, also nach der bestmöglichen Funktionsteilung und geeigneten Handlungs-, Informations- und Kommunikationsregeln, Dies ist der Gegenstand einer erst in den Ansätzen entwickelten Logik der Organisation.
-
(ii)
Sind heterogene Interessen vorhanden und die als Gesamtheit zu untersuchenden Subjekte nur von außen gesetzten „Spielregeln“unterworfen, so entstehen nur individuelle Entscheidungsprobleme. Ist dabei jedoch die Situation so beschaffen, daß jeder einzelne die Reaktionen anderer auf sein eigenes Verhalten in seine Entscheidungen einzubeziehen versucht, so entsteht ein Komplex individueller Entscheidungen bei rationaler Unbestimmtheit. Dies ist u.a. Gegenstand der Theorie der Spiele.
Einschließlich der Zitate vom Verfasser überarbeiteter und gekürzter Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis des Verlags J.C.B. Mohr und des Verfassers, G. Gäfgen: Zur Theorie kollektiver Entscheidungen in der Wirtschaft, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 173 (1961), S. 1–49.
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Anmerkungen
Solche Ansätze finden sich bei O. Morgenstern, Prolegomena to a Theory of Organization, Rand Corporation, RM-374 (Dezember 1951)
J. Marschak, Towards an Economic Theory of Organization and Information, in: R.M. Thrall, C. Coombs, R.L. Dawis (Hrsg.): Decision Processes, New York, London 1954, S. 187–220.
Im Unterschied zu diesen, rein ökonomischen Arbeiten werden in anderen Veröffentlichungen soziologische und psychologische Zusammenhänge stärker berücksichtigt, so bei H.A. Simon, Administrative Behavior, 2. Aufl., New York, 1957
und bei J.G. March und H.A. Simon, Organizations, New York und London, 1958.
Diese Interpretation von Spiellösungen als Arbitrage-Regeln wird besonders deutlich bei R.D. Luce und H. Raiffa, Games and Decisions, New York, 1957, S. 119–124.
Näheres zu diesen Annahmen siehe bei G. Debreu, Representation of a Preference Ordering by a Numerical Function, in: Decision Processes, a.a.O., S. 159–165.
K.J. Arrow, Social Choice and Individual Values, New York, 1951.
Vgl. Beispiele weiter unten unter V.
Siehe dazu den bereits genannten Sammelband Decision Processes, a.a.O.
Ein solcherVersuch findet sich bei L.A. Goodman, On Methods of Amalgamation, in: Decision Processes, a.a.O., S. 39–48.
Der Terminus „Amalgamation“wird im folgenden beibehalten, um das Problem von sonstigen Aggregationsproblemen zu unterscheiden. In der Literatur wird jedoch meist auch hierfür der Terminus Aggreation verwendet, so von K.O. May, Transitivity, Utility, and the Aggregation of Preference Patterns, Econometrica, 22 (1954), S. 1–13
und von G.Th. Guilbaud, Les théories de l’intérêt général et le problème logique de l’aggrégation, Economie Appliquée, 5 (1952), S. 507–584.
Zu dieser empirischen Benutzung der Sozialwahltheorie siehe C.H. Coombs, Social Choice and Strength of Preference, in Decision Processes, a.a.O., S. 70.
Auf diese Zusammenarbeit des deskriptiven und des normativen „approach“hat u.a. auch gerade J. Marschak, Towards an Economic Theory of Organization and Information, a.a.O., aufmerksam gemacht.
Daß Merkbarkeit des Nutzens an sich noch keine kollektive Präferenzordnung liefert, wird sehr schön klargestellt von J. de V. Graaf, Theoretical Welfare Economics, Cambridge, 1957, Abschnitt III.
A. Bergson, Reformulation of Certain Aspects of Welfare Economics, Quarterly Journal of Economics, 50 (1938), S. 310–334.
G.Th. Guilbaud, op.cit., S. 575–580.
P.A. Samuelson, Social Indifference Curves, Quarterly Journal of Economics, 70 (1956), S. 1–22.
Das gilt z.B. auch für eine der Bedingungen eines vorzugswürdigen Sozialzustandes, wie sie Little (A Critique of Welfare Economics, Oxford, 1950) aufstellt: daß nämlich keine schlechte Redistribution des Einkommens damit verbunden sein dürfte.
Daher die Verwendung nur „befriedigender“Lösungen z.B. auch in der Oligopoltheorie, vgl. etwa R.M. Cyert und J.G. March, Organizational Factors in the Theory of Oligopoly, Quarterly Journal of Economics, 70 (1956), S. 44–64.
Nach H.A. Simon (A Comparison of Organization Theories, Review of Economic Studies, 20 (1952/53), S. 40–48) unterscheidet sich die Organisationstheorie gerade dadurch von der sonstigen ökonomischen Theorie.
Vgl. die Anwendung des ursprünglich biologischen Modells der Homeostase bei K.E. Boulding, A Reconstruction of Economics, New York und London, 1950, vor allem S. 35–38.
H.A. Simon, A Behavioral Model of Rational Choice, abgedruckt in: Models of Man, New York und London, 1957, siehe vor allem S. 50–52.
Vgl. V. Pareto, Manuel d’Economie Politique, Paris, 1909, S. 354.
Zur Dogmengeschichte dieser Richtungen siehe W. Weber, Zur Problematik der neueren „Weifare Economics“, Zeitschrift für Nationalökonomie, 14 (1954), S. 487–535.
N. Kaldor, Welfare Propositions and Interpersonal Comparions of Utility, Economic Journal, 49 (1939), S. 549–552
J.R. Hicks. The Foundations of Welfare Economics, Economic Journal, 49 (1939), S. 696–712.
T. Scitowsky, A Note on Welfare Propositions in Economics, Review of Economic Studies, 9 (1941), S. 77–88.
N. Kaldor, op.cit.
Auf solchen potentiellen Redistributionen beruhte auch die Definition einer Sozialprodukts- (lies: Wohlfahrts-)Steigerung durch J.R. Hicks, The Valuation of Social Income, Econometrica, 7 (1940), S. 105–124.
Zur Kritik und zur abschließenden Definition potentieller Wohlfahrt siehe P.A. Samuelson, Evaluation of Real Income, Oxford Economic Papers, 2 (1950), S. 1–29.
Hier zeigt sich ein typisches Dilemma der welfare economics, auf das auch J. Pahlke (Welfare Economics, Grundlage allgemeingültiger wirtschaftspolitischer Entscheidungen, Berlin, 1960) aufmerksam gemacht hat: Entweder gestatten die vorgeschlagenen Kriterien keine vollständige Ordnung der sozialen Alternativen oder sie beruhen auf Wertungen, denen die allgemeine Anerkennung versagt bleiben muß.
Eine ausführlichere Schilderung der Wirkungen des Stimmenkaufs findet sich bei A. Downs, An Economic Theory of Democracy, New York, 1957 (deutsch: Ökonomische Theorie der Demokratie, Tübingen, 1968), Abschnitt 10.
Siehe dazu Arrow, op.cit., S. 46–60 und S.-75–80.
Vgl. dazu K.J. Arrow, op.cit., S. 80 f., sowie ein ausführlicheres Beispiel bei T. Majumdar, Choice and Revealed Preference, Econometrica, 24 (1956), S. 71–73.
Siehe Z.B., J.M. Buchanan, Social Choice, Democracy and Free Markets, Journal of Political Economy, 62 (1954), S. 114–123.
Siehe dazu R. Dahl, A Preface to Democratic Theory, Chicago, 1956, S. 90.
Eine genauere Diskussion dieser Probleme findet sich u.a. bei A. Downs, A Preface to Democratic Theory, Chicago, 1956, S. 90.op.cit., Abschnitt 4.
K.J. Arrow, op.cit., vor allem Kap. V.
A.H. Copeland, A “Reasonable” Welfare Function, University of Michigan Seminar on Applications of Mathematics to the Social Science, 1951, vervielfältigtes Manuskript.
Vgl. dazu S.S. Stevens, Mathematics, Measurement, and Psychophysics, in: Handbook of Experimental Psychology, New York, 1951, Kap. I.
In ausgebauter Form bietet eine solche Theorie z.B. R.D. Luce, A Probabilistic Theory of Utility, Econometrica, 26 (1958), S. 193–224.
Hierauf wurde wohl zuerst ausdrücklich hingewiesen von C.H. Coombs, op.cit., S. 69–86.
T.R. Austin und R.B. Sleight, Aesthetic Preference for Isosceles Triangles, Journal of Applied Psychology, 35 (1951), S. 430–431.
Austin und Sleight weisen ausdrücklich darauf hin, daß für die meisten ihrer Versuchspersonen die Lieblingsalternativen durch extreme Werte des Merkmals Höhe:Basis gekennzeichnet waren, während das „soziale Optimum“bei einem mittleren Wert des Merkmals lag.
L.L. Thurstone, A Law of Comparative Judgement, Psychological Review, 34 (1927), S. 273–286.
C.H. Coombs, Psychological Scaling without a Unit of Measurement, Psychological Review, 57 (1950), S. 145–158. Die Anwendung auf Sozialwanlprobleme findet sich in Coombs’ schon genanntem Beitrag Social Choice and Strength of Preference, a.a.O.
Als Beispiel sei verwiesen auf R.M. Thrall, Applications of Multidimensional Utility Theory, in: Decision Processes, a.a.O., S. 181–186, sowie den Beitrag von M. Hausner, im gleichen Band, S. 167–180.
Beschrieben bei C.H. Coombs, Applications of Multidimensional Utility Theory, in: Decision Processes, a.a.O., S. 181–186, op.cit.
D. Black, On the Rationale of Group Decision Making, Journal of Political Economy, 56 (1948), S. 23–24.
Ausführlicher ders., D. Black, The Decisions of a Committee using a Special Majority, Econometrica, 16 (1948), S. 245–261.
Von den leichten Modifikationen, die dadurch auftreten, daß n keine ungerade Zahl sein muß, sehen wir hier ab. Näheres siehe bei D. Black, op.cit. Die entscheidende Rolle des zentralen Individuums betont auch Coombs, Social Choice and Strength of Preference, a.a.O.
K.J. Arrow, Social Choice and Individual Values, a.a.O., S. 75–80.
F.Y. Edgeworth, Mathematical Psychics, London, 1881.
Siehe unter anderem W.E. Armstrong, A Note on the Theory of Consumer’s Behavior, Oxford Economic Papers, 2 (1950), S. 119–122.
Für die ausführliche Axiomatik dieser Theorie siehe J.V. Neumann und O. Morgenstern, Theory of Games and Economic Behavior. 2. Aufl., Princeton, 1947, S. 24–68
oder etwa I.N. Herstein und J.W. Milnor, An Axiomatic Approach to Measurable Utility, Econometrica. 21 (1953), S. 291–297.
Zu diesem Sinn der Nutzenmessung vgl. D. Ellsberg, Classic and Current Notions’ of “Measurable Utility”, Economic Journal. 64 (1954), S. 528–556.
In der Messungstheorie ist die Unterscheidung dieses Skalentyps an sich nicht üblich. Vgl. S.S. Stevens, On the Theory of Scales of Measurement. Science. 103 (1946), S. 677–680. Der Verfasser hat die Bildung des Typs „Differenzskala“jedoch für nötig gehalten, um wichtige Vorschläge charakterisieren zu können.
W.E. Armstrong, Utility and the Theory of Welfare, Oxford Economic Papers. 3 (1951), S. 259–271.
Das wird als Kritik z.B. auch vorgebracht von T. Majumdar, Armstrong and the Utility Measuremt Controversy, Oxford Economic Papers. 9 (1957), S. 39.
Die Bezeichnung wurde gewählt wegen der axiomatischen Fundierung dieser Regel durch L.A. Goodman und H. Markowitz, Social Weifare Functions Based on Individual Rankings, American Journal of Sociology. 58 (1952), S. 257–262.
Zur Äquivalenz beider Methoden siehe auch L.A. Goodman, On Methods of Amalgamation, a.a.O.
Übrigens ist die Rangordnungsregel so aufzufassen, daß neue Information die Stellung von Alternativen in der sozialen Präferenzordnung ändern kann, jedoch bei gegebener Information die Alternativen unabhängig von ihrer Verfügbarkeit eingeordnet werden. Dies nach Goodman — Markowitz, a.a.O., S. 259.
Auf diese Diskriminierung hat Arrow hingewiesen in seinem Manuskript (The meaning of social welfare: a comment of some recent proposals, Technical Report 2, Department of Economics and Statistics, Stanford University, 1951). Ein Parallelfall ist die Diskriminierung des am schlechtesten unterschiedenen Spielers in Spielen mit diskontinuierlichen Nutzenskalen, vgl. von Neumann und Morgenstern, a.a.O., S. 614–616.
D. Blackwell und M.A. Girshick, zitiert bei L.A. Goodman, On Methods of Amalgamation, a.a.O., S. 45.
Siehe den Beweis bei L.A. Goodman und H. Markowitz, a.a.O., S. 262.
J.F. Nash, The Bargaining Problem, Econometrica. 18 (1950), S. 155–162.
Eine Erweiterimg auf n Personen findet sich bei R.D. Luce und H. Raiffa, Games and Decisions, a.a.O., S. 349–353.
Diese Bedingung ist hier vereinfacht. In der Theorie der Risikowahl ist sie erst das Ergebnis grundlegender Axiome, wie sie die in Fußnote 49) genannten Theorien aufstellen.
C. Hildreth, Alternative Conditions for Social Orderings, Econometrica, 21 (1953), S. 81–94.
Vgl. z.B. M. Friedman und L. Savage, The Utility Analysis of Choices Involving Risk, Journal of Political Economy, 54 (1948), S. 279–304.
Für den weiteren recht umständlichen Beweis, daß die genannte Sozialwahlfunktion auch ein Optimum eindeutig bestimmt, siehe C. Hildreth, The Utility Analysis of Choices Involving Risk, Journal of Political Economy, 54 (1948), a.a.O., S. 92–94.
R.D. Luce und H. Raiffa, The Utility Analysis of Choices Involving Risk, Journal of Political Economy, 54 (1948), a.a.O., S. 352–353. Die Notwendigkeit des genannten ersten Schrittes, der 2-Punkt-Fixierung, wird von Luce und Raiffa allerdings nicht erwähnt.
Die Regel ist am bekanntesten in ihrer spieltheoretischen Version, die von v. Neumann und Morgenstern, op.cit., stammt.
Siehe dazu L.J. Savage, The Theory of Statistical Decision, Journal of the American Statistical Association, 46 (1951), S. 55–67
sowie J. Niehans, Zur Preisbildung bei ungewissen Erwartungen, Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 84 (1948), S. 433–456.
Siehe z.B. die Formulierung in Benthams Schrift, Institute of Political Economy, abgedruckt in: J. Bentham’s Economic Writings, Bd. 3, London, 1952.
D. Black, The Unity of Political and Economic Science, abgedruckt in: M. Shubik (Hrsg.), Readings in Game Theory and Political Behavior, New York, 1954, S. 62–68.
A. Downs, a.a.O., Abschn. 8.
Im Unterschied zu älteren Arbeiten, etwa denen Schumpeters, wird heute eine Tendenz sichtbar, die politisch-ökonomischen Zusammenhänge formalisiert in Modellen darzustellen. Siehe dazu A. Downs, op.cit., sowie etwa neuerdings F.O. Harding, Politisches Modell zur Wirtschaftstheorie, Freiburg, 1959.
So z.B. bei F.H. Knight, The Planful Act, The Possibilities and Limitations of Collective Rationality, in: Freedom and Reform, New York und London, 1947, S. 338 und S. 350.
Siehe den Vergleich zwischen Wahlmechanismus und Marktmechanismus bei J.M. Buchanan, Individual Choice in Voting and the Market, Journal of Political Economy, 62 (1954), S. 334–343.
Diese Kritik an der paretianischen Welfare economics findet sich u.a. bei R. Dehem, Le principe de Pareto et la théorie de l’intérêt général, Metroeconomica, 10 (1958), S. 28–32.
Die Wahl einer Wirtschaftsordnung als eine Vorentscheidung über wirtschaftspolitische Maßnahmen wird — allerdings nicht als Sozialwahlproblem — klar herausgearbeitet bei W.A. Jöhr und H.W. Singer, Die Nationalökonomie im Dienst der Wirtschaftspolitik, Göttingen, 1957.
Siehe dazu etwa H.R. Bowen, The Interpretation of Voting in the Allocation of Economic Resources, Quarterly Journal of Economics, 58 (1943), S. 27.
Näheres über Teilungsregeln findet sich bei R.D. Luce und H. Raiffa, a.a.O., S. 363–368.
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Gäfgen, G. (1979). Zur Theorie kollektiver Entscheidungen in der Wirtschaft. In: Pommerehne, W.W., Frey, B.S. (eds) Ökonomische Theorie der Politik. Hochschultext. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-67420-4_4
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