Zusammenfassung
Um festzustellen, ob die Handelsbilanz durch eine Abwertung verbessert wird oder nicht, fragt man allgemein danach, ob die Summe der Elastizitäten aus ausländischer Exportnachfrage und der Importnachfrage des abwertenden Landes größer als eins ist.2) Dieses Kriterium, die sogenannte Marshall-Lerner-Bedingung, berücksichtigt lediglich die Güter- und Dienstleistungsbilanz. In ihrer allgemeinsten Ausprägung setzt sie in beiden Ländern unendliche Angebotselastizitäten sowie eine ursprünglich ausgeglichene Handelsbilanz3) und insbesondere vollständige Konkurrenz auf alien Markten voraus. Diese Arbeit versucht nun zu zeigen, daß die Prämisse der vollstandigen Konkurrenz möglicherweise den Wert der kritischen Elastizitätssumme nach oben verschiebt, was zu dem Ergebnis führt, daß auch noch bei einer Summe, die kleiner als eins ist, die Abwertung günstig auf die Handelsbilanz wirken kann. Wir werden weiter feststellen, daB in den Fällen, in denen die Aufwärtsverschiebung wirksam ist, die Handelsbilanz heftiger auf eine Abwertung reagiert, als die Bedingung vermuten läßt.
Aus dem Englischen über setzt von Dipl. dk. H. Bodenbender mit freundlicher Erlaubnis des Kyklos-Verlages und des Verfassers H.P. Gray: Imperfect Markets and the Effectiveness of Devaluation, in: Kyklos, Bd. 18/1965, S. 512–529.
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Anmerkungen
Der Autor ist R.E. Caves, Thomas J. Finn und M. June Flanders fiir wertvolle Hinweise zu Dank verpflichtet.
2) Dabei wird von den iiblichen Annahmen ausgegangen. Gleichwohl meint Guy H. Orcutt, daB das Kriterium exakt genug sei, um als Grundlage politischer Entscheidungen dienen zu konnen: "Nichtsdestoweniger besteht Klarheit dariiber, daB im Falle eines Landes oder einer Gruppe von Landern, bei denen die Summe der Preiselastizitaten der Nachfrage nach ihren Importen und nach ihren Exporten etwas mehr als eins betragt, die Abwertung sich in einer Verbesserung der Handelsbilanz entweder in heimischer oder in auslandischer Wahrung niederschlagt." (Measurement of Price Elasticities in International Trade, REaS, Bd. 32/1950, S. 117, FuBnote 2.
Ist der AuBenhandel in der Ausgangssituation nicht ausgeglichen, dann wird die Formel umfangreicher. Die Formel (in heimischer Wahrung) wird durch die unten folgende Gleichung 2 wiedergegeben.
Vgl. R.F. Kahn, "Tariffs and the Terms of Trade", RES, Bd. 15/1947, S. 14–19.
Mit Inland ist hier das abwertende Land gemeint.
Diese Moglichkeit widerspricht der iiblichen Vorstellung vom preispolitischen Verhalten eines Monopolisten oder eines an Absprachen^ gebundenes Oligopolisten, nach der die Preise im elastischen Bereich der Nachfragekurve liegen. Eine solche Preispolitik hangt jedoch von langfristigen Gewinniiberlegungen ab, fiir welche sowohl das Verhalten inlandischer als auch auslandischer Regierungen wichtig ist. Die dadurch bedingten Beschrankungen werden jedoch sehr vermindert, wenn die Industrie zwischen zwei Gruppen von Preisen wahlen muB und verniinftigerweise davon ausgehen kann, daB die inlandische Regierung eine wohlwollende Haltung gegeniiber den hoheren Preisen einnimmt. Entsprechend wird ein Oligopol, in dem gewohnlich keine Absprachen getroffen werden, mit groBerer Wahrscheinlichkeit einem Preisfiihrer folgen, wenn es einer klaren Alternative von zwei Preisgruppen gegeniibersteht. Hans Brems unterstellt in seiner Arbeit "Foreign Exchange Rate and Monopolistic Competition", EJ, Bd. 63/1953, S. 289–294, daB die Preise im elastischen Bereich der Nachfragekurve liegen.
D.h. die Exportpreise in Inlandswahrung miissen um den Abwertungssatz steigen.
Sieht man von den Geschmackunterschieden ab, die zu jener Zeit in GroBbritannien zwischen exportiertem und im Inland konsumiertem Scotch bestanden, so war die Existenz von Exportkonzessionen und die Forderung einer solchen Politik durch die Regierung ausreichend, um die Wirksamkeit der Fixierung des Auslandspreises sicherzustellen.
Dabei wird gleicher Stiickgewinn fiir in- und auslandische Verkaufe unterstellt.
Es sind auch Arten der Preispolitik denkbar, die zwischen diesen drei Formen liegen, d.h. eine Verminderung der Preise in Auslandswahrung, die im Vergleich zur Abwertung nur unterproportional ist. Auf solche Moglichkeiten wird weiter unten ganz kurz eingegangen. In diesen Zwischenformen der Preispolitik wird die ftnderungsrichtung des Kriteriums die gleiche sein, so daB man die Untersuchung auf denjenigen Fall beschranken kann, in dem sich die Preise nur in einer Wahrung andern und in der anderen konstant gehalten werden- wobei das Angebot unendlich elastisch ist.
Die tatsachlich im Ausland getatigten Ausgaben betreffen gewohnliche Giiter.
Dabei wird angenommen, daB die variablen Ausgaben im Auslandshafen einen konstanten Anteil des Erloses ausmachen, der von Auslandern stammt.
Hierauf verweist Joan Robinson, op. cit., S. 94.*)
D.h. wenn das Elastizitatskonzept des allgemeinen "Gleichgewichts" benutzt wird. Auch wird unterstellt, daB die Substitutionselastizitat zwischen den beiden Arten von Exporten und Importen null ist.
Zur Ableitung vgl. Joan Robinson, op. cit., S. 91. Kennzeichnet man Werte in Auslandswahrung durch einen Strich - (q = rq’, wobei r die Anzahl der heimischen Wahrungseinheiten bezeichnet, die urspriinglich zum Erwerb einer auslandischen Wahrungseinheit benotigt *) Die genaue Quellenangabe fehlt im Originaltext. D. Hrsg. wurden) -, so lautet die Formel in auslandischer WcLhrung: dB1 = • q’ • ex + M • p1 • em - Xq1 j.
Die Analyse wird in Inlandswahrung durchgefiihrt, und die entsprechenden Formeln in Auslandswahrung werden in FuBnoten aufgefiihrt. Man muB beachten, daB die beiden Gleichungen verschieden sind und zu einander widersprechenden Ergebnissen fiihren konnen. Die einander widersprechenden Ergebnisse sind von Albert 0. Hirschman dargestellt worden in "Devaluation and the Trade Balance: A Note", REaS, Bd. 31/1949, S. 50–53. Die beiden Formulierungen werden im Anhang zu diesem Beitrag aufeinander abgestimmt. Die Wahl der Recheneinheit beeinfluBt nicht die Beweisfiihrung im vorliegenden Aufsatz. Dies ergibt sich aus einem Vergleich von zwei verschiedenen Formeln, welche die gleiche Recheneinheit benutzen.
Fiir die Giiter vom Typ a andert sich der Exportpreis in Auslandswahrung. In Auslandswahrung ware x a<lqa ebenfalls null.
In Auslandswahrung ware M a^Pa negativ.
dc^ = qa/(1 − k) − qa = qa• k/(1 − k).
Dabei wird angenommen, daB die Nettokapitalbewegungen null sind.
Das Konzept der Nachfrageelastizitat ist in diesem Zusammenhang streng genommen unbestimmt, da der Preis immer eins ist. Demgegeniiber ist es durchaus korrekt, die Angebotselastizitat in bezug auf den Wechselkurs als Null zu bezeichnen.
Vgl. Charles P. Kindleberger, International Economics, 3. Aufl., Homewood, 111., 1962, Richard D. Irwin, Inc., S. 168.
Die der Gleichung (4) aquivalente Formel in Auslandswahrung lautet: dB = + Mp • dp’p + ki L X o • ^q ’o (ex o - 1) + Mo • po1 •m eo J. (4a) Die Begriindung fiir die Gleichung (4a) ahnelt der im Text angefiihrten Erlauterung. Da dp’p negativ ist, - ist Mp • dp’jj positiv. Jedoch ergibt sich die in Gleichung (4a) groBere Wirkung durch die unterschiedliche Gewichtung der beiden Elastizitaten und der einzigen negativen GroBe in dieser Gleichung. Der Ausdruck in der Klammer kann umformuliert werden zu: M • p1 X0o • q°o1 e mo + ex o -1 Je gr6Ber das Verhaltnis der gewohnlichen Importe zu den gewohnlichen Exporten, desto groBer die Wahrscheinlichkeit, daB die Abwertung erfolgreich ist: Vgl. Hirschman, op. cit., S. 53. Da die Exporte vom Typ a hochstwahrscheinlich die Importe vom Typ 3 iibersteigen, wird das Verhaltnis der gewohnlichen Importe zu den gewohnlichen Exporten groBer sein als das Verhaltnis der Importe zu den Exporten vor der Abwertung.
Das Symbol n reprasentiert Angebotselastizitaten. Zur Ableitung der Grundformel vgl. Joan Robinson, op. cit., S. 91.
Ist das Exportangebot vollkommen unelastisch und das Importangebot vollkommen elastisch, so wird Gleichung (5) zu: r n r M. e M - X T dB = k X„ + M • e ~ M = k. x j - J 2 — ^ -. L <3 p m Pj q L Xq q J
Zins- und Dividendenstrome sowie Transportleistungen.
Der Anteil von 40% betrifft das Jahr 1962, Quelle: Bank of Canada. Statistical Summary - Supplement, 1962, Ottawa 1963, S. 142–147. Es ist nicht moglich, die einzelnen Posten anzugeben, die Exporte vom Typ a betrafen. Jedoch wurden Weizenverkaufe durch das internationale Weizenabkommen festgelegt, und die US-Preisindizes fiir Zeitungspapier sowie Aluminiumbarren und -bleche blieben drei Monate vor und nach der Fixierung des kanadischen Dollars vom Mai 1962 unverandert.
Ibid., S. 148.
In heimischer Wahrung haben sowohl Exporte vom Typ a als auch gewohnliche Importe eine Nachfrageelastizitat von null: Infolgedessen wird sich die Zins- und Dividendenrechnung durch die Abwertung verbessern, wenn die Exporte vom Typ a die gewohnlichen Importe iiberschreiten.
Es ist zu beachten, daB die Fixierung des Auslandspreises keine Angebotselastizitat von null impliziert, denn die Produktion konnte ausgedehnt werden. Die Fixierung des Auslandspreises bedeutet, daB sich durch eine Abwertung bei unvollkommenen Markten die Angebotskurve verschiebt: So lange sich die produzierten Giitermengen nicht andern, ist diese Verschiebung der Angebotsfunktion einer Angebotselastizitat von null Equivalent.
W. Earle McLaughlin, Annual Report of the Royal Bank of Canada, 1962, Montreal 1963, S. 14.
Sir Roy Harrod vermutet, daB die britischen Fabrikanten die Auslandspreise nach der Sterlingabwertung von 1949 entweder nicht konstanthalten wollten oder nicht konstanthalten konnten; vgl. "Foreign Exchange Rates and Monopolistic Competition: Comment", EJ, Bd. 63/1953, S. 194–198.
Basierend auf den Daten von 1962: Survey of Current Business, August 1962, Tabelle 7, S. 32.
Basierend auf den Daten von 1962: Survey of Current Business, MSrz 1963, S. 22.
Vgl. Hirschman, loc. cit.
Der Ausdruck "inlandische Formel" wird als bequeme Abkiirzung fiir die in Inlandswahrung ausgedriickte Formel benutzt.
In diesem Abschnitt wird von unendlichen Angebotselastizitaten ausgegangen. Wegen der Wirkung der Recheneinheit lassen sich die beiden Formeln immer dann aufeinander abstimmen, wenn die Angebotselastizitaten kleiner als unendlich sind.
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Gray, H.P. (1979). Unvollkommene Märkte und die Wirksamkeit der Abwertung. In: Luckenbach, H. (eds) Theorie der Außenwirtschaftspolitik. Hochschultext. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-67191-3_5
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