Zusammenfassung
Die Freihandelsbewegung des neunzehnten Jahrhunderts, in der Manchester eine so große Rolle spielte, ist kennzeichnend fiir bedeutende historische Stromungen, die durch okonomische Untersuchungen ausgelost wurden. Es ware allerdings abwegig, davon auszugehen, daB die rationale Begriindung des Hauptarguments dieser StrSmung der wichtigste Grund fiir ihren 2) Sieg ist. Durch einen nicht unsympathischen modernen Historiker wurde uns gezeigt, in welchem AusmaB der spektakulSrste Teil der Freihandelsbewegung, die Liga gegen die Korngesetze, auf dem gleichen sozialen Fundament basierte wie der Chartismus. Der Chartismus war aber, unabhangig von seinem Verdienst, kaum das Ergebnis wissenschaftlicher sozialer Diagnose. Fiir jemanden, der nach intellektuellen Einfliissen in der Politik sucht, ist der allmahliche Abbau der alten britischen Zolle infolge der Bemiihungen von Huskisson, Graham, Peel und Gladstone, die sich über einen Zeitraum von dreiBig Jahren erstreckten, weit eindrucksvoller als die voriibergehende Aufregung über die Korngesetze. Aber auch dies kann andererseits von denjenigen, die darauf bestehen, Geschichte als Ergebnis materieller Krafte zu interpretieren, der vergroBerten Macht des industriellen Sektors als einer „pressure group“ zugeschrieben werden. Aber die Tatsache, daß die Industrie keine besonderen Vergünstigungen forderte, sondern die Abschaffung aller Vergünstigungen verlangte, ist sicherlich aus Überzeugung zustande gekommen. Es kann sicherlich den allgemein akzeptierten ökonomischen Lehren von Adam Smith und David Ricardo zugeschrieben werden, daß die Aufhebung der Schutzzolle als ein generelles Zeichen politischen Fortschritts und ökonomischer Reformen angesehen wurde.
Aus dem Englischen übersetzt von Dipl. Ök. Wolfgang Abel mit freund-licher Erlaubnis der Oxford University Press und des Verfassers J. R. Hicks: Free Trade and Modern Economics, in: Hicks, J.R.: Essays in World Economics. Oxford 1959, S. 40–65. (Der erste Absatz des englischen Textes wurde nicht in den vorliegenden Übersetzungsband übernommen.)
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Anmerkungen
Diese Ausarbeitung wurde im Marz 1951 vor der Manchester Statistical Society vorgetragen.
Halevy: The Age of Peel and Cobden.
Beveridge, W. (Hrsg.): Tariffs: The Case Examined.
Dies wird vor allem betont von Haberler, G.: Some Problems in the Pure Theory of International Trade, EJ 1950.
Es wird oft angefiihrt, daB der Agrarsektor seiner Natur nach wettbewerbsintensiver ist als der Industriesektor. Daraus wiirde folgen, daB in einem Land, das Agrarprodukte exportiert und Industrieprodukte importiert (wie Australien), Grunde fiir Handelsbeschrankungen bestehen, die fiir ein Land, das Nahrungsmittel importiert und Industrieprodukte exportiert (wie GroBbritannien), nicht existieren. Fiir mich ist dieses Argument nicht iiberzeugend. Es gibt eine Ansicht, nach der die Liicke zwischen Preis und Grenzkosten (unabhangig von Unternehmenszusammenschliissen und Preisbildungsvorschriften) in der Industrie groBer ist als im Agrarbereich. Diese Auffassung ist zwar unter bestimmten Umstanden bedeutsam? jedoch fiir die hier behandelte Frage von zweifelhafter Relevanz. Besteht im Industriesektor freier Marktzutritt, dann entsprechen die relevanten Grenzkosten dieses Sektors den Durchschnittskosten der Grenzunternehmung. Es besteht kein Grund, warum die Liicke zwischen Preis und diesen Grenzkosten in den verschiedenen Sektoren unterschiedlich groB sein sollte. Besteht allerdings kein freier Marktzutritt, andert sich die Sachlage.
Gkonomen werden erkennen, daB die in den vorhergehenden Abschnitten gewonnenen Erkenntnisse groBtenteils zuriickgehen auf Scitovsky, T.: Reconsideration of the Theory of Tariffs, RES 1942.
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Hicks, J.R. (1979). Freihandel und moderne Ökonomik. In: Luckenbach, H. (eds) Theorie der Außenwirtschaftspolitik. Hochschultext. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-67191-3_14
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