Mammakarzinom

Zusammenfassung

Die Pathologie des Mammakarzinoms war jahrzehntelang spezielle Organpathologie, die sich mit Fragen der Klassifikation und mit Problemen der Tumorausbreitung befaßte. Diese pathomorphologisch orientierte Forschung erfuhr neue Impulse durch die Ergebnisse der experimentellen Endokrinologie, wodurch vor allem pathogenetische Aspekte für die Deutung krankhafter Veränderungen in der menschlichen Brustdrüse hervortraten. Seit etwa 30 Jahren ist als weitere Arbeitsrichtung die sog. Tumorepidemiologie hinzugekommen, mit deren Hilfe es möglich war, eine Reihe von genetisch-gebundenen, von endogenen und von exogenen Faktoren zu erfassen, die bei Frauen mit Mammakarzinomen gehäuft festzustellen sind und die unsere Kenntnisse über das „Panorama“ dieses Tumors ganz wesentlich bereichert, beeinflußt und korrigiert haben. Viele Ergebnisse haben sich seither zu Gewißheiten verdichtet, andere sind in ihrer ätiologischen Dignität auch heute noch offen oder widersprechend. Die mit Hilfe der Statistik erarbeiteten personalen Konstellationen, die zur Ausbildung eines Mammakarzinoms disponieren, werden heute als „Risikofaktoren“ bezeichnet, die keineswegs nur theoretisches Interesse für Gruppenspezifitäten erwecken, sondern für Prophylaxe und Prognose auch des Einzelfalles praktische Bedeutung gewonnen haben. Die ungeheure Vermehrung unserer Erfahrungen auf diesem Gebiet hat zweifellos zu einer neuen und sachbezogenen Orientierung in der allgemeinen Tumorpathologie geführt, und wir haben dadurch eine ganze Zahl derartiger Faktoren unterschiedlichen Stellenwertes kennengelernt, die zwar das ätiologische Terrain einengen helfen, aber zugleich neue und schwierige Probleme aufwerfen. Diese stimmen im Hinblick auf die Erforschung der Ursache des Mammakarzinoms in absehbarer Zeit keineswegs optimistisch, so daß wir die gegenwärtige Situation auf diesem Gebiet als ein „ätiologisch multifaktorielles Vorfeld“ bezeichnen können.