Zusammenfassung
Als die Chemiker mit dem Ausbau der Strukturtheorie beschäftigt waren, tauchte auch die Frage auf, ob die vier Valenzen des Kohlenstoffs gleichwertig sind. Die Annahme, daß es zwei isomere Kohlenwasserstoffe C2H6 und zwei Verbindungen CH3Cl gibt, erschien sowohl nach der Radikaltheorie wie nach der Typentheorie ganz erklärlich, mußte aber nach der Strukturtheorie zu der Ansicht von Ungleichheit der Kohlenstoffvalenzen führen. Butlerow hat daher 1862 aus der Existenz jener beiden Kohlenwasserstoffe geschlossen1), „daß die Affinitätseinheiten, welche die Kohlenstoffatome verbinden, nicht dieselben in beiden Fällen sind“. In seiner Broschüre, „die modernen Theorien der Chemie,“ sagte L. Meyer2) 1864: „Nach den Untersuchungen von Baeyer gibt es zwei in ihren Eigenschaften verschiedene, also nur isomere und nicht identische Verbindungen der Formel CH3Cl. Die Verschiedenheit kann nur daher rühren, daß es nicht gleichgültig ist, welche der vier Affinitäten des Kohlenstoffs durch Chlor, welche durch Wasserstoff gesättigt wird.“ Die Verschiedenheit von Äthylwasserstoff und Dimethyl erklärte er genau wie Butlerow.
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Literatur
Z. 5, 298 (1862).
Lothar Meyer (1830–1895), in Varel (Oldenburg) geboren, studierte in Zürich Medizin und arbeitete dann bei Bunsen über die Gase des Blutes. Um seine naturwissenschaftlichen Studien zu vervollkommnen, hörte er in Königsberg Neumanns Vorlesung über theoretische Physik. Er habilitierte sich 1859 in Breslau, wurde 1866 Professor der. Chemie an der Forstakademie in Eberswalde, 1868 an dem Polytechnikum in Karlsruhe, 1876 an der Universität Tübingen. Wenn auch seine Forschertätigkeit wesentlich das Gebiet der physikalischen Chemie betrifft, so haben seine Arbeiten und die oben erwähnte Schrift auch einen fördernden Einfluß auf die organische Chemie ausgeübt. Nekrolog in B. 28, 4, 1109.
A. 131, 76 und 132, 234 (1864).
A. 139, 283 (1866).
Carl Schorlem mer (1834–1892), zu Darmstadt geboren, war anfangs Apotheker, widmete sich dann der Chemie und wurde 1859 Assistent von Roscoe in Manchester und 1874 daselbst Professor der Chemie am Owens College. Mit Roscoe zusammen veröffentlichte er ein vortreffliches Lehrbuch der Chemie. Einen sehr schönen Nachruf hat Spiegel auf ihn verfaßt. B. 25 c, 1107.
A. 131, 79 (1864).
Vol. 4, 595, 601 und 607 (1854).
A. 107, 257 (1858). 2) Lehrbuch I, 443. Graebe, Chemie I.
Alfred Naquet (1834–1916) wurde 1863 Professeur agrégé an der medizinischen Fakultät in Paris, bald darauf Professor am technischen Institut in Palermo, wo er seine 1864 erschienenen Principes de Chimie, das erste Lehrbuch nach den neuen Ansichten in französischer Sprache, verfaßte. Nach Paris zurückgekehrt wurden ihm an der Faculté de Médicine die Vorlesungen über organische Chemie übertragen. Da er diese Stellung 1869 infolge seiner politischen Reden verlor, befaßte er sich mit Journalistik und wurde 1871 zum Deputierten gewählt. Er widmete sich jetzt ganz der Politik.
C. r. 58, 381 (1864).
C. r. 58, 510 (1864).
C. r. 58, 675 (1864).
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Graebe, C. (1920). Die Gleichwertigkeit der Kohlenstoffvalenzen und die Theorie von der wechselnden Valenz. In: Geschichte der organischen Chemie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-65017-8_44
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