Zusammenfassung
Als der Gesetzgeber vor 10 Jahren das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung neu faßte und als Buch V dem Sozialgesetzbuch eingliederte, stellte er eine grundlegende Definition voran, welchen Zweck die soziale Krankenversicherung haben sollte. Vorher hatte es geheißen, die Krankenversicherung sei „eine Versicherung für den Fall der Krankheit“.1 Jetzt wurde als Aufgabe der Krankenversicherung bestimmt: „die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern“.2 Und danach folgt ein erstaunlicher Satz: „Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich…“; sie sollten nämlich durch gesundheitsbewußte Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu vermindern. — Die Versicherten — nur „mitverantwortlich“ für ihre Gesundheit? Die gesetzlichen Krankenkassen hingegen, da zuerst genannt, wohl „primär“ verantwortlich? — Ein Denkunfall des Gesetzgebers? Er hatte offenbar seinen krankenversicherungsrechtlichen Regelungen den Gedanken der Gesundheit voranstellen wollen, die gesetzlichen Krankenkassen zu Gesundheitskassen umwidmen wollen, hatte es aber, so scheint es, im Eifer des Gefechts, vor lauter Begeisterung für seine gesundheitsbewußte Neufassung des Gesetzeszwecks, wohl nicht mehr geschafft, unbefangen die originäre Verantwortung des einzelnen Bürgers für seine individuelle Gesundheit wahrzunehmen.
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Haverkate, G. (1999). Verantwortung für Gesundheit als Verfassungsproblem. In: Gesundheit — unser höchstes Gut?. Schriften der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, vol 4. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-60166-8_7
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