Zusammenfassung
Die heutige Medizin und die derzeit in den meisten zivilisierten Ländern gültige Rechtsprechung setzen den Tod eines Menschen (= Tod der Person = Individualtod) mit dem Hirntod gleich. Die nicht nur in der Bundesrepublik seit Anfang der Siebziger Jahre und bis dato bindende Hirntoddefinition, auch als Hirntodkonzept bezeichnet, gerät jedoch zusehends ins Kreuzfeuer der Kritik, was unter anderem daherrührt, daß der vermeintlich einzige „Nutznießer“ des Hirntodkriteriums, nämlich die Transplantationsmedizin im weitesten Sinne, - bei allen spektakulären medizinischen Erfolgen - sich immer häufiger mit dem Vorwurf von Sensationalismus, kaschiertem Profitdenken oder sogar latenter Kriminalität (Stichwort Organhandel) konfrontiert sieht. Den Befürwortern einer möglichst restriktiven Regelung der Organtransplantation leisten diese Umstände Vorschub. Sie bestreiten mit anthropologischen, philosophischen, theologischen und ethischen Argumenten die Gleichsetzung des Hirntods mit dem wahren Tod, also dem Individualtod des Menschen. Auf der anderen Seite ist es im Interesse der Transplantationsmedizin, zumindest an der derzeit gehandhabten Regelung festzuhalten, wenn nicht eine Liberalisierung transplantationsmedizinischer Handlungsräume herbeizuführen. Dem in die Materie nicht eingeweihten, lediglich auf mediale Information angewiesenen Bürger muß ob solcher Diskussionen wohl ein Unbehagen zugestanden werden, meint er doch letzten Endes, daß die Zuständigen dieses heikle Sujet nicht wirklich im Griff hätten. Die jüngst entflammte Debatte über eine Teilhirntoddefinition einerseits sowie das in der BRD lange Zeit fehlende Organtransplantationsgesetz tragen hier mitnichten zum Abbau dieser Verunsicherung bei.
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Russegger, L. (1999). Der Hirntod als Individualtod - Eine Medizinisch-Ethische Gratwanderung. In: Joerden, J.C. (eds) Der Mensch und seine Behandlung in der Medizin. Schriftenreihe des Interdisziplinären Zentrums für Ethik an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-59976-7_20
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