Zusammenfassung
Für Soziologen in der Tradition Geigers ist die Wirksamkeit von Recht erst an den Fällen der Nichteinhaltung erkennbar, daran, daß seine Normen nicht befolgt werden oder daß um seine Anwendung Konflikte entstehen. Solange Recht eingehalten wird, kann man nicht beurteilen, ob dies einem Verhalten entspricht, das auch ohne normative Regelung eingetreten wäre: Entweder, weil biologische oder technologische Bedingungen kaum alternatives Handeln zulassen, oder aber weil schon das egoistische Selbstinteresse der Handelnden hierzu führt, oder letztlich, weil es keine Gründe gibt, von einem eingelebten Muster der Gewohnheit abzuweichen. Theodor Geiger macht deshalb seinen Begriff von ’Recht‘ daran fest, ob im Falle seiner Nichtbefolgung eine Sanktion erfolgt1. Nicht die Einhaltung der Norm belegt ihre Geltung, sondern die Einhaltung der Sekundärnorm, die sich auf die Reaktion im Falle der Nichtbefolgung bezieht. ’Normen‘ unterscheiden sich von bloßen Verhaltensregelmäßigkeiten dadurch, daß für den Fall der Abweichung eine Sanktion angedroht ist; Rechtsnormen dadurch, daß es für diese Sanktion eigene Instanzen gibt. Die Frage nach der ’Mobilisierung von Recht‘ zu stellen, heißt hier, die Bedingungen zu untersuchen, unter denen diese Instanzen tätig werden.
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Note
Theodor Geiger: Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts, Neuwied 1964 (zuerst 1947), insbesondere S. 65–83.
Donald Black: The Mobilization of Law. In: Jounal of Legal Studies 2 (1973) 125 ff.
Zur höheren Wahrscheinlichkeit der Normierung von Verhalten in weniger komplexen Beziehungen vgl. die Konflikttheorie von Volkmar Gessner: Recht und Konflikt, Tübingen 1976, insbesondere S. 170–183.
Zum Konzept der’ Thematisierung von Recht‘ Niklas Luhmann: Kommunikation über Recht in Interaktionssystemen. In: Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 6 (1980)99–112.
Erhard Blankenburg & Siegfried Schönholz: Zur Soziologie des Arbeitsgerichtsverfahrens, Neuwied & Darmstadt 1979, S. 64 ff.
Hartmut Hilden: Rechtstatsachen im Räumungsstreit, Frankfurt 1976, S. 64 ff.
Vgl. Hartmut Koch: Das Gerichtsverfahren als Konfliktlösungsprozeß — Einstellungen von Klägern und Beklagten zu Mietprozessen, Diss., Hamburg 1975, S. 75, der allerdings nur streitige Urteile und Vergleiche untersucht hat.
Elmar Steinbach: Strukturen des amtsgerichtlichen Zivilprozesses. Schriftenreihe Rechtsinformatik 15, GMD Birlinghoven 1979.
Explizit bei Gottfried Baumgärtel: Gleicher Zugang zum Recht für alle, Köln 1976, S. 113–128.
Lutz Müller-Alten: Reform der Prozeßkostenhilfe in Familiensachen. In: Zeitschrift für Rechtspolititk, 1984, 306–311.
Erhard Blankenburg & Jann Fiedler: Die Rechtsschutzversicherungen und der steigende Geschäftsanfall der Gerichte, Tübingen 1981.
So auch Wolfgang Jagodzinski et al.: Rechtschutzversicherung und Rechtsverfolgung, Köln 1994, deren Studie allerdings bei Zivilprozessen allgemein eine etwas höhere Prozeßneigung von Versicherten gegenüber Nicht-Versicherten ausweist.
Donald Harris et al.: Compensation and Support for Illness and Injury, Oxford Univ. Press 1983.
Wolfgang Stangl et al.: Sozialwissenschaftlicher Systemvergleich Zivilrecht — Strafrecht, Institut für Rechts-und Kriminalsoziologie, Wien 1990.
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Blankenburg, E. (1995). Mobilisierung von Gerichten. In: Mobilisierung des Rechts. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-57870-0_4
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