Zusammenfassung
In der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland finden sich mit dem Föderalismus- und dem Sozialstaatsprinzip zwei Grundsätze, die geeignet sind, gegensätzliche Anforderungen an die Ausgestaltung des Gemeinwesens zu stellen. Das Föderalismusprinzip impliziert grundsätzlich eine Konkurrenz zwischen den Bundesländern bzw. Regionen und ist damit eindeutig wettbewerblich ausgerichtet. Demgegenüber wird über das Sozialstaatsprinzip, das auf Ebene der Bundesländer in Form des Postulats der „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ bzw. der „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“ in Erscheinung tritt (Art. 72 II u. 106 III GG), ein ausgleichendes Element in diesem Wettbewerb gefordert. Diesem Ausgleich dient maßgeblich das Konstrukt des Länderfinanzausgleiches, mit Hilfe dessen die Finanzkraftunterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern zumindest teilweise ausgeglichen werden sollen (vgl. z.B. Schmidt 1996, 329). Wie das Föderalismusprinzip ist jedoch auch das Sozialstaatsprinzip in der Verfassung inhaltlich nicht eindeutig bestimmt, so daß infolge unterschiedlicher Interpretationen dieses Verfassungsgrundsatzes auch Struktur und Ausmaß der Einkommensnivellierung durch den Finanzausgleich unterschiedlich beurteilt werden. Im Rahmen dieser Abhandlung soll analysiert werden, inwieweit unterschiedliche Auslegungen des Begriffes der „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ die Ausgestaltung des Länderfinanzausgleichs geprägt haben und welche ökonomischen Konsequenzen sich daraus für den Wettbewerb unter den Ländern und damit für den Föderalismus selbst ergeben.1
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Thuy, P. (2001). Der Einfluß des Sozialstaatsprinzips auf die Entwicklung des deutschen Länderfinanzausgleichs. In: Söllner, F., Wilfert, A. (eds) Die Zukunft des Sozial- und Steuerstaates. Physica, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-57606-5_8
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