Zusammenfassung
Die Durchdringung der Konsumwelten mit neuen Informations-und Kommunikations-Technologien verändert Strukturen, Prozesse und Objekte der Konsumtion, führt zu einer neuen Dimension sozialer und ökologischer externer Effekte des Konsums und schafft technologisch-ökonomische Grundlagen für eine veränderte Rolle der Konsumenten als Weltkonsumbürger. Der Diskurs um die ethische Idee der nachhaltigen Entwicklung betrachtet diese Auswirkungen zum einen mit Hoffnung, zum anderen aber auch mit Sorge. Es stellt sich die Frage, ob die neuen Medien, insbesondere das Internet als deren gegenwärtig einflussreichstes Medium, die Entwicklung nachhaltiger Konsummuster eher befördern oder aber untergraben werden. Die Forschung zum nachhaltigen Konsum macht die Nachhaltigkeitsrelevanz des Internet an folgenden Punkten fest:
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Consumer Empowerment: Das Internet dient der Stärkung der individuellen und kollektiven Verbrauchermacht in Markt und Sub-Politik, insbesondere durch die Senkung der Informations-, Transaktions-und Organisationskosten. Beispiele für diese Stärkung sind das Powershopping, Konsumenten-Plattformen, lokale und globale Konsumentengemeinschaften, strategische Allianzen, Initiativen und Netzwerke, die als kritische Instanzen gegenüber anderen Institutionen wirken. Das Internet erweitert darüber hinaus die Konsumentenrolle zu „Prosumenten“ (Co-Design, Prototyping-Strategien) und Markt-Zensoren. Mächtigere Konsumenten, so die Hoffnung, können „nachhaltigere“ Produkte und Produktionsprozesse auf Anbieterseite einfordern.
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Consumer Voice: Das Internet dient speziell der Stärkung des Widerspruchs als komplementäre Reaktion zur Abwanderung und stärkt damit die Rolle des Konsumenten als „Netizen“, d.h. als subpolitischer Internet-Akteur. Das Internet bietet Handlungsoptionen abgestuften Engagements — vom kostenlosen Spenden oder Protestieren per Mausklick bis zur inhaltlichen Kampagnenarbeit. Gleichwohl blieb bislang die Umsetzung der dahinter stehenden Idee einer vernetzten Weltbürgergesellschaft — der „republic“ — weit hinter den Erwartungen zurück.
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Consumer Decision Support: Das Internet leistet einen Beitrag zur Unterstützung von Konsumentscheidungen. Durch die Interaktivität können gezielt Produktinformationen abgefragt werden und weitere Informationsquellen verlinkt werden, die über Produkt-und Prozessqualität (d.h. auch Sozial-und Umweltverträglichkeit) sowie über soziale und ökologische Konsumexternalitäten Auskunft geben. Darüber hinaus bietet das Internet Möglichkeiten, über konsumenteninitiierte Netzwerkkommunikation Kaufoptionen bewerten zu lassen. Sein tatsächlicher Einfluss wird jedoch begrenzt durch die Probleme des „information overload“ sowie der Kosten des Vertrauensmanagement.
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Consumer Education: Das Internet ist ein kostengünstiges und aufgrund der Interaktivität attraktives Medium zur Verbraucherbildung in Richtung nachhaltige Konsumtion. Bildungsziele sind zum eine Stärkung von sozial-okologischem Problembewusstsein, zum anderen eine Stärkung von Konsumkompetenzen wie Bedarfsreflexion, Partizipation, Kooperation und Rollenkompetenzen. Bislang stehen diese Moglichkeiten der „education“ jedoch nur einem kleinen Prozentsatz der Weltbevolkerung zur Verfügung
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Consumer Socialization: Das Internet ist-wie alle anderen Massenmedien-auch Sozialisationsagent. Seine omnitemporalen und ubiquitären Kaufoptionen in Kombination mit den ausgeklügelten Methoden des „heimlichen Lehrplans“ der Were und Produkte der westlichen Konsumgesellschaft-und dies nicht nur in den spätkapitalismus folgend, global. Der Sorge betrachtet, wie die Debatte um „globale Konsumkids“ und den Verlust kultureller Diversität zeigt.
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Reisch, L.A. (2003). Das Internet — ein Instrument nachhaltiger Konsumtion?. In: Fischer, P., Hubig, C., Koslowski, P. (eds) Wirtschaftsethische Fragen der E-Economy. Ethische Ökonomie. Beiträge zur Wirtschaftsethik und Wirtschaftskultur, vol 8. Physica, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-57345-3_17
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