Zusammenfassung
Die primäre Unterteilung der Rechtsquellen ist diejenige nach den Urhebern. Sie liegt in aller Regel den Darstellungen der Rechtsquellen zugrunde. Primär ist diese Unterteilung, weil die Frage nach der Legitimation einer Rechtsquelle allererst die Frage nach der Legitimation der jeweiligen normsetzenden Stelle ist. Üblicherweise unterscheidet die urheberorientierte Einteilung Verfassung, Gesetz, Rechtsverordnung und Verwaltungsvorschriften sowie autonomes Satzungsrecht. Aus dem Gegenstand dieser Untersuchung, die sich um die Erfassung untergesetzlicher Rechtsquellen bemüht, ergibt sich, daß der verfassunggebende oder — ändernde Gesetzgeber sowie der „einfache“ Gesetzgeber hier nicht in den Blick geraten. Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, die von Seiten der unmittelbaren Staatsverwaltung erlassen werden, sind dagegen Untersuchungsgegenstand. Im Unterschied zu den weiteren, sogleich anzusprechenden Urhebern handelt es sich insoweit bei den Urhebern um Stellen der unmittelbaren Staatsverwaltung. Das von der Exekutive in diesem Sinne herrührende Recht wird in der Untersuchung als „staatliches Recht„ bezeichnet. Als Urheber in diesem Sinne „staatlichen Rechts“ kommen im Bereich der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung in erster Linie die Bundesregierung und Bundesminister in Frage.
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Notes
Vgl. etwa BGH NJW 1998, 3713 (3715) tn.w.N.; vgl. auch Baltzer, Der Beschluß als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht, S. 175.
Vgl. auch Baltzer, a.a.O., S. 186 ff.; eine mehrheitlich beschlossene Norm gilt rechtlich nicht lediglich als Wille der Zustimmenden, sondern als Wille aller Beteiligten; vgl. v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, II 1, S. 236; die Willensübereinstimmung, zu der der Beschluß führt, ist rein rechtlich, künstlich; deshalb ist es irreführend, den Beschluß ohne Einschränkung dem Modus der Einigung zuzuordnen, so aber Adomeit, Rechtsquellenfragen, S. 140, bes. Fn. 457; diese Zuordnung paßt nur zum einstimmigen Beschluß.
Diese Entwicklungslinie geht aus von Veränderungen in der völkerrechtlichen Vertragspraxis nach dem Wiener Kongreß, als man sich nicht mehr mit Verträgen rechtsgeschäftlichen Inhalts begnügte, sondern begann, wichtige Materien in “rechtsetzenden Verträgen” zu regeln (vgl. Grewe, Epochen der Völkerrechtsentwick-lung, S. 602-605). In der Wissenschaft wurde dieses Institut von Heinrich Triepel mit der Kategorie der von rechtsgeschäftlichen Verträgen zu sondernden “recht-setzenden Vereinbarung” gedeutet (Triepel, Völkerrecht und Landesrecht, S. 27 ff.). Zuvor hatte bereits Karl Binding die Entstehung des Norddeutschen Bundes als auf rechtsetzender Vereinbarung beruhend aufgefaßt (Binding, Festgabe Windscheid, 1888, S. 1 ff). Der Gedanke, daß auch Verträge Quellen objektiven Rechts sein könnten, wurde auch in der Verwaltungsrechtswissenschaft aufgegriffen, und zwar besonders während der Weimarer Republik (vgl. Sachs, VerwArch 74 (1983), S. 25 f.). In jüngerer Zeit hat sich Sachs in seinem soeben zitierten Aufsatz der normset-zenden Vereinbarung des Verwaltungsrechts angenommen. Mit normsetzenden Verträgen in der gesetzlichen Unfallversicherung hat sich bereits im Jahr 1958 Salzwedel befaßt, vgl. Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages.
Im Arbeitsrecht hat Hugo Sinzheimer den Begriff des “korporativen Arbeitsnormenvertrages” zur Deutung des Phänomens des Tarifvertrages vorgeschlagen (Sinzheimer, Der korporative Arbeitsnormenvertrag, Leipzig, 1907/08). Die gesetzliche Anerkennung des Tarifvertrages führte dazu, daß sich dieses Verständnis des Tarifvertrages gegenüber der konkurrierenden Deutung des Tarifvertrages als privatautonomes Rechtsgeschäft durchsetzte (vgl. hierzu Rieble, Arbeitsmarkt und Wettbewerb, S. 358 ff.; Rieble selbst knüpft an die Schriften Philipp Lothmars an und deutet den Tarifvertrag nicht als Rechtsnorm kraft staatlicher Rechtsetzungsermächtigung, sondern als privatautonom legitimierten Vertrag).
F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 91 f.
Formulierung bei Sachs, VerwArch 74 (1983), S. 25 (26) im Anschluß an Jellinek, Die Lehre von den Staatenverbindungen, 1882, S. 107 f.
Begriffsbildung im Anschluß an A. Hueck, JherJahrb, 73 (1923), S 33 (40 f.); in diesem grundlegenden Aufsatz hat Hueck den Begriff des Nonnenvertrages konstruktiv entfaltet.
Ein Beispiel für diese Technik bietet das subsidiäre spitzenverbandliche Beschlußverfahren nach § 213 Abs. 2 SGB V.
Dabei wird teils die tarifliche Schlichtung dem betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstellenverfahren gegenübergestellt (Löwisch/Rumler, Schlichtung, S. 457, Rdnr. 1), teils wird der Begriff der Schlichtung als Oberbegriff für tarifliche und betriebliche Schlichtung gebraucht (Löwisch, Stichwort Schlichtung, Sp. 1049-1052; Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, Rdnr. 683).
Düring, Schiedswesen, S. 45; die abweichende Begrifflichkeit dürfte damit zusammenhängen, daß die Vorläufer der heutigen Schiedsstellen des Sozialversicherungsrechts auch schiedsgerichtliche Aufgaben hatten, vgl. Schneider, Handbuch, Rdnrn. 53, 71 und 767; so bestimmten nach § 368 c RVO i.d.F. der VO v. 14.1.1932 die Schiedsämter zwar im Fall der Nichteinigung der Vertragspartner den Inhalt der Mantelverträge bzw. der Gesamtverträge; sie waren aber nach § 368 h RVO auch dazu berufen, über Streitigkeiten aus Einzel-und Gesamtverträgen zu entscheiden; vgl. During, a.a.O., S. 41.
Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrecht, 2. Bd., S. 526.
BSGE 20, 73 [76].
Düring, Schiedswesen, S. 45.
Hueck/Nipperdey, a.a.O., S. 535; Löwisch/Rumler, Schlichtung, S. 460, Rdnr. 8. Verbindlich kann ein Schlichtungsspruch auch dann werden, wenn sich Parteien ihm vorab unterworfen haben oder ihn nachträglich annehmen, Löwisch/Rumler, a.a.O., S. 460, Rdnr. 9). Dies ist kein Fall der Zwangsschlichtung. Für das Sozialversicherungsrecht ist diese Form der Konfliktregelung nicht von Bedeutung.
Vgl. auch §§ 76 Abs. 5 und 77 Abs. 1 BetrVerfG.
BSGE 20, 73 [76].
Löwisch/Rumler, Schlichtung, S. 460, Rdnr. 10; im Betriebsverfassungsrecht hingegen findet Zwangsschlichtung dort statt, wo die Einigungsstelle die Kompetenz hat, eine für Arbeitgeber und Betriebsrat verbindliche Entscheidung zu treffen; vgl. Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, § 76, Rdnrn. 23 f.
Löwisch/Rumler, Schlichtung, S. 467 f., 478 f.
Vgl. z.B. Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht, Band II, Rdnr. 104, S. 48; Krauskopf, SozKV, § 94 SGB V, Rdnr. 3; BSGE 79, 41 (48) zu § 94 Abs. 1 S. 3 SGB V; BVerfG (Kammer), NZS 1999, 338 (339).
Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., § 77 II d, 4 a (S. 110) mit Hinweis auf den Fall des “Satzungsoktroi” ähnlich HS-KV/Ebsen, § 7, Rdnrn. 182-185.
Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 666 (S. 359).
Vgl. zu solchen subsidären Regelungsbefugnissen HS-KV/Ebsen, § 7, Rdnr. 181.
Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 249 (S. 165); vgl. auch HS-PV/Fuchs, § 6, Rdnr. 38; Fuchs spricht in diesem Zusammenhang von der Verordnung als Druckmittel.
Z.B. Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, S. 186 ff.: “Keine Rechtsquellen sind die allgemeinen Verwaltungsvorschriften (Anordnungen, Verwaltungsanweisungen)”.
Ossenbühl in: Erichsen (Hrsg.), AllgVerwR, § 6, Rdnr. 41 (S. 134 f.); F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 78; Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 549: “Innenrechtsnormen”.
Ossenbühl, in: Erichsen (Hrsg.), AllgVerwR, § 6, Rdnr. 41 (S. 135): “Unterschiede zu den klassischen Rechtsquellen bestehen nicht in der Außenwirkung, sondern in den Modalitäten und in der Intensität der Bindungswirkung.” Nawiasky, Allgemeine Rechtslehre, S. 74.
Nawiasky, a.a.O., S. 71, 118 f. spricht insoweit von “Verwaltungsnormen”.
Zu Typologie und Wirkung von Verwaltungsbinnenrecht näher unten § 6.
Daraufhat bereits Nawiasky, a.a.O., S. 79 aufmerksam gemacht.
Vgl. BSGE 73, 271 (287); 78, 70 (75).
Vgl. den Hinweis hierauf bei F. Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 78.
Sachs, VerwArch 74 (1983), S. 25 (41).
Solange die antagonistischen Vertragspartner der gemeinsamen Selbstverwaltung nicht zu verselbständigten Stellen zusammengefaßt sind, kann es gemeinsames Recht nur als vereinbartes Recht geben.
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Hänlein, A. (2001). Einteilung der Rechtsquellen. In: Rechtsquellen im Sozialversicherungsrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-56782-7_2
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