Zusammenfassung
Die zur Vertragshaftung konkurrierende Haftung des Krankenhauses aus unerlaubter Handlung konzentriert sich auf den Grundtatbestand des § 823 Abs.l BGB, der eine Ersatzpflicht für Schäden einräumt, die durch eine rechtswidrige und schuldhafte Körper- oder Gesundheitsverletzung verursacht wurden. Da die materiellen Schäden — im Wesentlichen Heilungskosten, Pflegekosten und Erwerbsnachteile — weitestgehend von der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall, Renten-, Pflegeversicherung) aufgefangen werden und ggfs. nach cessio legis gem. § 116 SGB X im Regresswege auf das Krankenhaus zurückfallen1, steht für den geschädigten Patienten der Schmerzensgeldanspruch des § 847 BGB im Mittelpunkt, der den Umfang der Ersatzpflicht auf immaterielle Schäden ausdehnt2.
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Note
Vgl. OLG Köln VersR 1992, 1517; OLG Oldenburg VersR 1992, 877.
Zum Schmerzensgeldanspruch näher unten § 4 III 1, S.61 ff.
Deutsch, Unerlaubte Handlungen3 (1995), S.112 ff.; Spickhoff, Gesetzesverstoß und Haftung, § 8.
Näher § 13 III 2 b, S.198 f. [Einsatz von Medizinprodukten: Haftung wegen Schutzgesetzverletzung].
Eine Ausnahme ist ggfs. § 833 BGB, falls durch die Freisetzung von Mikroorganismenund Viren aus Laboren Infektionen verursacht werden; vgl. Deutsch, Unerlaubte Handlungen4 (2000), Rn.368; a.A. BGH NJW 1989, 2974; Siegfried, Tier-und Tiergefahr (1986), S.31 ff.
St. Rspr.: RGSt 25, 375, 377; BGHSt 11, 111, 112; BGHZ 29, 176, 179; Deutsch, NJW 1965, 1985, 1989; a.A. Laufs, VersR 1972, 1, 4; zum Meinungsstand: Schramm, Schutzbereich der Norm im Arzthaftungsrecht (1992), S.233 f. Die Zivilgerichte vermeiden allerdings den Terminus “Körperverletzung”, vgl. Laufs, Arztrecht5 (1993), S.95.
OLG Düsseldorf VersR 1986, 472.
Vgl. Tröndle, Strafgesetzbuch48 (1997), § 223, Rn.6 a m.w.N.
Vertretbar ist bei einer virologischen Infektion auch die Annahme einer Körperverletzung, da durch das Eindringen der Viren die Integrität von Köperzellen beschädigt wird. Auf dieser Linie liegt auch BGH NJW 1998, 833, wo die Röntgenbestrahlung als Körperverletzung gewertet wird.
BGH NJW 1995, 2407; BGH VersR 1984, 240.
BGH NJW 1972, 1126; 1983, 1371; 1989,1538,1539.
BGH VersR 1994, 55, 56 (“Sperma”); zust. Schnorbus, JuS 1994, 830, 834.
Taupitz, JR. 1995, 22, 23, 25: Diaspora des menschlichen Körpers widerspricht dem Verständnis des bürgerlichen Rechts; Laufs/Reiling, NJW 1994, 775; Nixdorf, VersR 1995, 740, 742 f.
Nixdorf, VersR 1995, 740, 743.
Vgl. § 8, Fußn.3.
BGH, VersR 1989, 628.
Staudinger/Dilcher, BGB13 (1995), § 90, Rn.l5; Kaatsch, Rechtsmedizin 1994, 132, 134.
Deutsch, AcP 192, 161, 173; Taupitz, AcP 191, 201, 209.
Hofmann, Rechtsfragen der Genomanalyse (1999), S.77, 84.
Vgl. Deutsch, VersR 1991, 1205, 1207.
So Laufs, Arztrecht5 (1993), Rn.230 für epidemiologische AIDS-Querschnittsstudien.
Vgl. oben§ 3 V l,S. 42 f.
Vgl. Knorr/Wernick, Rechtsformen der Krankenhäuser (1991), S.71 f., 73 ff.
BGHZ 49, 19, 21; vgl. auch Mot I, S. 102; Prot, S.1049 ff.
BGHZ 5, 321, 325; BGH NJW 1972, 334; Daniels, NJW 1972, 305, 308; krit. Luig, Der Arztvertrag, in Gitter, Vertragsschuldverhältnisse (1974), S. 45.
OLG Stuttgart VersR 92, 55.
BGH VersR 1971, 1123; 1980, 768; 1985, 1043.
BGH VersR 1987, 1040, 1041.
OLG Bamberg VersR 1994, 813, 814.
Martinek, Repräsentantenhaftung (1979), S. 196 ff.; MünchKomm/Reuter, BGB3 (1993), § 31,Rn.3.
Schmid, Passivlegitimation (1988), S. 115f; ansatzweise Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht (1996), Rn.43.
S. § 3 IV 2, S.30 ff.
BGH NJW 1975, 1463, 1465; BGH MedR 1983, 104; a.A. Laufs, Arztrecht5 (1993), Rn.354; mit beachtlichen Argumenten Schmid, Passivlegitimation (1988), S.152 ff., 163.
Dies gilt jedenfalls, soweit man eine Einzelverpflichtung des Arztes annimmt; vgl. oben § 3 IV 2 c bb (2), S. 39 ff.
Unten § 17 11 b, S.230 ff. [Haftungskonzentration auf den Krankenhausträger].
BGH VersR 1986, 465.
OLG Bamberg VersR 1994, 813.
OLG Koblenz NJW 1990, 1534.
OLG Oldenburg VersR 1989, 1300.
Vgl. BGH NJW 1982, 599.
S. oben § 3 V 3 b bb, S.47 ff.
So auch die Rspr.: OLG Koblenz NJW 1990, 1534.
Zutr. OLG Düsseldorf MedR 1993, 233; a.A. Schmid, Passivlegitimation (1988), S.164.
Vgl. BGH NJW 1993, 2989; OLG Frankfurt VersR 1992, 578, 580.
OLG Oldenburg 1998, 1380; schon: “Die Anforderungen an den Entlasungsbeweis haben die Gerichte zunehmend verschärft, so daß er nur selten gelingt.”
Kumulation der Haftungsgründe ist nicht selbstverständlich, im französischen Recht gilt das Prinzip des “Non cumul”.
Giesen, Arzthaftungsrecht4 (1995), Rn.4.
BGH NJW 1989, 767, 768 mit Anm. Deutsch, S.769; BGH VersR 1985, 1068, 1069 f.
Zur Typologie, s. § 7 II, S.98 ff.; § 8 II, S.109 ff.
OLG Köln MedR 1984, 67.
Vgl. OLG Köln VersR 1990, 1242: Kinder klagen aus §§ 823 I, 844 II BGB auf Ersatz des Unterhaltsschadens nach Versterben des Vaters infolge Infektionsschocks.; vgl. auch BGH VersR 1987, 1092; 1985, 886; 1981, 1033.
Deutsch/Geiger, Medizinischer Behandlungsvertrag — Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts (1982), S.1090, 1092.
Vgl. obige Ausführungen zur “Pflichtenkreiszuordnung bei gespaltenen Verträgen”.
In der Begründung zum 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften ließt man: “Zukünftig wird es nicht mehr notwendig sein, ihrer Natur nach vertraglicheAnsprüche wegen eines Behandlungs-oder Aufklärungsfehlers zugleich über das Delikts-recht abzuwickeln, um ein Schmerzensgeld zu erhalten. “ Dass hierdurch nichts gewonnen ist, verkennt die Begründung des BMJ freilich: Die Zurechnung nach § 31 BGB gilt sowohl für das Vertrags-als auch das Deliktsrecht, die Unterschiede zwischen § 278 BGB und § 831 BGB sind faktisch auch jetzt schon eingeebnet, die Differenzierung zwischen haftungsbegründender-und haftungsausfüllender Kausalität findet auch bei vertragsrechtlich beurteilten Gesundheitsschädigungen statt, § 282 BGB wird auch zukünftig wegen der grundsätzlichen Unbeherrschbarkeit des menschlichen Organismus nur bei sog. voll beherrschbaren Risiken (z.B. Einsatz von Medizingeräten) Anwendung finden können und die Verjährung schließlich soll im Zuge der Schuldrechtsreform (§ 200 BGB-E) einheitlich drei Jahre betragen.
Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge19 (1999), S.12; vgl. BGH VersR 1966, 561; 1982, 522.
Vgl. Palandt/Thomas, BGB60 (2001), § 847, Rn.10 ff.; MünchKomm/Stein, BGB3 (1997), § 847, Rn. 23 ff.
OLG Köln VersR 1992, 662, 623; OLG Oldenburg VersR 1989, 1300.
OLG Oldenburg VersR 1997, 1236; OLG Hamm VersR 1997, 730; OLG Köln NJW-RR 1996, 280; OLG Bremen VersR 1995, 54; OLG Schleswig VersR 1994, 310; OLG München VersR 1991, 586; OLG Oldenburg VersR 1989, 1300.
BGH VersR 1993, 1231 = NJW 1993, 781 mit Anm. Deutsch, S.784; OLG Hamm VersR 1980, 585; OLG Düsseldorf VersR 1988, 911; LG Freiburg v. 25.1.90-10 572/87.
Vgl. BGH NJW 1992, 742; BGH VersR 1991, 815; OLG Stuttgart VersR 1991, 1141.
OLG Köln NJW-RR 1996, 280: Geburtsschaden, Totalerblindung, keinerlei Motorik, keine Nasenatmung, Krampfanfälle (kapitalisiert 2 5 7.0 0 0 €); OLG Oldenburg VersR 1997, 1263: Geburtsschaden, Tetraplegie, keine Fortbewegung, kein Essen, Trinken, Sprechen (1 7 9.0 0 0 €); LG Ravensburg v. 22.8.91—1 O 123/86: Erwachsene Frau, Narkosezwischenfall, kaum noch perzeptuelle und motorische Funktionen, Spezialrollstuhl (1 2 8.0 0 0 €); OLG Hamm v. 3.5.90—3 U 18/89: Geburtsfehler, auf den Stand eines Säuglings reduzierte, schwerste geistige Behinderung (1 5 3.0 0 0 €).
BGH VersR 1976, 660; 1982, 880; 1985, 969: “zeichenhafte Sühne”.
BGH VersR 1993, 328, 329; 1993, 585.
Deutsch, NJW 1993, 784.
Deutsch, ebenda.
Motzer, FamRZ 1996, 844, 846.
So der BGH, NJW 1993, 781, 783.
Art. 47 OR: “Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.”
Erwägenswert Kadner, ZEuP 1996, 135, 149 f.
BGHZ 138, 388, 392; Jaeger, MDR 1998, 450, 451.
Anders als bei Verkehrsunfällen oder Straftaten, wo die Unglücksnachricht die Angehörigen unvermittelt und unvorbereitet trifft, reagieren die über Behandlungsrisiken (mit-) aufgeklärten Angehörigen auf ärztliche Behandlungszwischenfälle nicht mit einem Schock. Schockschäden kommen daher in praxi nur bei Verkehrsunfällen oder Straftaten vor: LG Saarbrücken ZfS 1980, 330: Verlust der Tochter durch Verkehrsun fall; LG Duisburg DAR 1988, 320: Telefonterror; LG Gießen ZfS 1987, 39: Tochter von Schäferhunden angefallen. Allg. zum Schockschaden: Karczewski, Die Haftung für Schockschäden (1992), passim.; Schmidt, MDR 1971, 538 ff.
Vgl. Scheffen, NZV 1995, 218 f.; Müller, VersR 1995, 489, 494; Vorndran, ZRP 1988, 293, 294.
Artt. 47, 40 OR.
Bundestags-Drucksache 13/10010 v. 4.3.98 Art.l Nr.3.
Krit. Deutsch, ZRP 1998, 291, 294.
Vgl. Steffen, ZRP 1998, 149.
Die elektronische Schmerzensgelddatenbank IMMDAT listet 299 Arzhaftungsentscheidungen auf. Nur in sieben davon liegt das zugesprochene Schmerzensgeld unter 500 €.
Nach dem Entwurf zum 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften sowie nach dem Entwurf zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sollen § § 847 und 852 entfallen. Deliktische sowie vertragliche Schadensersatzansprüche (einschließlich eines Schmerzensgeldanspruchs) verjähren dann gem. § 200 Abs.l und 2 einheitlich in drei Jahren.
BGH VersR 1983, 2258.
Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht8 (1999), Rn.481.
OLG Koblenz VersR 1996, 1277.
St. Rspr.: BGH VersR 1961, 262.
Grundi. BGH VersR 1983, 244, 246 f.; 1984, 356; 1985, 1043; 1986, 1206; 1991, 779; zust. Kramer, NJW 1996, 2398, 2399; Büsken/Klüglich, VersR 1994, 1131, 1148.
BGH VersR 1983, 244, 247; zu den einzelnen Vertragstypen s. oben § 3 IV 2 a, S.30 ff.
Abl. Luxenburger, Das Liquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte (1981), S.43; Wohlhage, Das Liquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte bei Selbstzahlern (1971), S.43 f.; BGH KHA 1958, 281, 285.
Kistner, MedR 1990, 51, 56.
Hübner, ZVersWiss 1990, 55, 64.
Staudinger/Schäfer, BGB12 (1986), § 839, Rn.367.
S. unten § 5 II 2 a, S.73 ff. [Indirekte Haftungsbeschränkung: Formularmäßige Vertragsspaltung bei Wahlarztbehandlung].
S. unten § 17 I 1 b, S.230 ff. [Haftungskonzentration auf den Krankenhausträger: Fokussierung auf Residualpflichten].
BGH VersR 1983, 244, 247.
BAG NZA 1993, 547; vgl. § 6 II 3, S.82 [Innerbetrieblicher Schadensausgleich: Selbstliquidierede Ärzte].
§ 14 BAT: “Für die Schadenshaftung des Angestellten finden die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.”
Vgl. § 6 II 2, S.81,Fußn.l5.
Vgl. Annuß, Die Haftung des Arbeitnehmers (1998), S.139; unten § 6 II 2, 3, S.81, 82.
§ 5 II 2, S.73 ff.
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Pflüger, F. (2002). Haftung wegen unerlaubter Handlung. In: Krankenhaushaftung und Organisationsverschulden. MedR Schriftenreihe Medizinrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-56357-7_5
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