Valproinsäuretherapie bei Epilepsien mit fokalen Anfällen im Kindesalter

Zusammenfassung

Die Behandlungsergebnisse mit Valproinsäure (valproic acid, VPA) sind bei Kindern mit Epilepsien fokaler Genese schlechter als bei primär generalisierten Epilepsien. Dies beruht zum größten Teil auf der ungünstigeren Prognose der meisten fokalen Syndrome. Randomisierte, vergleichende Studien mit Carbamazepin, Phenytoin und Phenobarbital haben gezeigt, dass VPA bei Kindern mit fokalen Epilepsien ebenso wirksam ist wie die anderen Medikamente. Eine Stratifizierung nach der für das Kindesalter typischen Vielzahl aetiologisch und prognostisch sehr unterschiedlicher fokaler Epilepsiesyndrome ist in diesen großen randomisierten Studien aber nicht vorgenommen worden. Die differentielle Indikation bei den einzelnen fokalen Syndromen (idiopathisch - residual, benigne - maligne Verläufe) bedarf weiterer Untersuchungen. Schon heute ist aber die Aussage möglich, dass VPA auch bei den fokalen Epilepsien des Kindesalters zu den Antiepileptika der engeren Wahl gehört.

Wie bei Erwachsenen, so hat es auch im Kindesalter relativ lange gedauert, bis der therapeutische Wert von VPA bei Epilepsien mit fokalen Anfällen erkannt und akzeptiert wurde. Bis zur Veröffentlichung von zwei großen randomisierten, vergleichenden Studien zur Behandlung neu diagnostizierter Epilepsien mit generalisierten und fokalen Anfällen bei Kindern in den Jahren 1995 und 1996 (Verity et al. 1995,de Silva et al. 1996) lagen für diese Altersstufe nur unkontrollierte Beobachtungen unter Poly therapie oder Monotherapie vor. Einige der vergleichenden Studien bei Erwachsenen enthielten allerdings eine meist nicht genauer angegebene Anzahl kindlicher Patienten (Gram et al.1977, Gram et al. 1979,Shakir et al. 1981)

Schon die frühesten Erfahrungen hatten gezeigt, dass die Wirkung von VPA bei primär-generalisierten Epilepsien überlegen ist. Noch 1980 kam Browne in einem Medical Intelligence-Artikel für das New England Journal of Medicine zu dem Schluss, dass eine Wirkung von VPA bei fokalen Anfällen nicht bewiesen sei. Wohl aus diesem Grunde umfasst die Literatur über die Erfolge der VPA-Therapie bei Kindern in erster Linie Patienten mit primär generalisierten Epilepsien. Auch in den größeren unkontrollierten Serien sind Kinder mit fokalen und sekundär generalisierten Anfällen nur in relativ kleiner Zahl enthalten. Alle diese zeigten ein wesentlich geringeres Ansprechen auf die Therapie als die primär generalisierten Anfälle. Dabei musste allerdings offen bleiben, ob dies durch eine mangelnde Wirksamkeit des Medikamentes, oder durch die generell schwierigere Therapierbarkeit der meisten fokalen Syndrome begründet war.