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Rationale Entscheidung bei Risiko: Das Bernoulli-Prinzip

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Part of the book series: Springer-Lehrbuch ((SLB))

Zusammenfassung

Dieses fünfte Kapitel des Buches befasst sich mit dem Problem, wie Entscheidungen bei Risiko rational getroffen werden können. Hierzu wird das Bernoulli-Prinzip vorgestellt, bei dem ein Entscheider den Präferenzwert einer Alternative als Erwartungswert des Nutzens aus den Ergebnissen der Alternative bestimmt. Das Bernoulli-Prinzip beruht, anders als die klassischen Entscheidungskriterien bei Risiko, auf plausiblen Axiomen rationalen Verhaltens. Aufgrund dieser axiomatischen Fundierung ist das Bernoulli-Prinzip das wichtigste normative Entscheidungskriterium bei Risiko. Da sich ein Bernoulli-rationaler Entscheider am Erwartungswert seines Nutzens orientiert, wird die auf dem Bernoulli-Prinzip beruhende normative Entscheidungstheorie bei Risiko auch Erwartungsnutzentheorie genannt.

Bei der Anwendung des Bernoulli-Prinzips wird zunächst auf der Grundlage relativ einfacher hypothetischer Entscheidungssituationen eine Nutzenfunktion ermittelt, die jedem möglichen Ergebnis einen (subjektiven) Nutzen zuordnet. Gewählt wird dann jene Alternative, die den Erwartungswert des Nutzens der möglichen Ergebnisse maximiert. Die Fragen, wie eine Nutzenfunktion in unterschiedlichen Entscheidungssituationen ermittelt werden kann und welche Eigenschaften sie aufweist, nehmen in diesem Kapitel einen breiten Raum ein. Zudem wird gezeigt, wie das Bernoulli-Prinzip anschaulich aus einfachen und plausiblen Axiomen rationalen Handelns deduziert werden kann.

Über die Nutzenfunktion werden im Bernoulli-Prinzip die individuellen Risikopräferenzen eines Entscheiders erfasst. Aufbauend auf den grundlegenden Darstellungen werden Maße für solche Risikopräferenzen dargestellt. Schließlich werden kritische Einwände gegen das Bernoulli-Prinzip diskutiert und es wird untersucht, unter welchen speziellen Bedingungen die klassischen Entscheidungskriterien des Kap. 4, die μ-Regel und das (μ,σ)-Prinzip, im Einklang mit dem Bernoulli-Prinzip stehen.

Dieses Kapitel ist von grundlegender Bedeutung für das Veständnis der Darstellungen in allen folgenden Kapiteln. In Kap. 6 wird das Bernoulli-Prinzip mit deskriptiven Entscheidungstheorien bei Risiko konfrontiert. In den späteren Kapiteln, die sich primär mit der Problematik rationaler Entscheidung in unterschiedlichen Entscheidungssituationen bei Risiko befassen, wird davon ausgegangen, dass sich der bzw. die Entscheider am Bernoulli-Prinzip orientieren.

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Notes

  1. 1.

    Gleichwohl lässt sich auch gegen das Petersburger Spiel einwenden, dass es unendlich hohe Gewinnmöglichkeiten beinhaltet, die kein Anbieter des Spiels wirklich bieten kann.

  2. 2.

    Dies folgt aus der Jensen’schen Ungleichung. Vgl. z. B. Walter (2009, S. 301–302).

  3. 3.

    Dies folgt gleichermaßen aus der Jensen’schen Ungleichung.

  4. 4.

    Eine beliebige Nutzenfunktion U(x) wird normiert, indem U(x) in \(\text a=1/[\text U(\bar{\text x})-\text U(\underline{\text x})]\) mit \(\rm a=1/[U(\bar{x})-U(\underline{x})]\) und \(\rm b=-U(\underset{\raise0.3em\hbox{$\smash{\scriptscriptstyle-}$}}{x})/[U(\bar{x})-U(\underset{\raise0.3em\hbox{$\smash{\scriptscriptstyle-}$}}{x})]\) linear transformiert wird.

  5. 5.

    Vgl. z. B. Schneeweiß, H. (1967a, S. 73–77).

  6. 6.

    Für die intransitive Präferenzrelation \(\rm {{x}_{1}}\succ{{x}_{2}}\succ{{x}_{3}}\succ{{x}_{1}}\) z. B. müsste die Größenrelation\(\rm U({{x}_{1}})>U({{x}_{2}})>U({{x}_{3}})>U({{x}_{1}})\) gelten; das ist aber logisch nicht möglich.

  7. 7.

    Inhaltlich hat sich Arrow bereits vor 1970 in (nicht datierten) Veröffentlichungen damit auseinandergesetzt. Vgl. hierzu Pratt (1964, S. 123).

  8. 8.

    Es gilt: \(\rm \begin{gathered} AP(x) = - \frac{{U''(x)}}{{U'(x)}} = - \frac{{d{\text{ }}ln[U'(x)]}}{{d\,x}} \Leftrightarrow \,\int {AP(x){\text{ }}dx} = - \ln [U'(x)] - b \hfill \\ \Leftrightarrow \,\exp \left( { - \int {AP(x)\,dx} } \right) = \exp \left( {\ln [U'(x)] + b} \right) = \exp (b) \cdot U'(x) \hfill \\ \Leftrightarrow \,\int {\exp \left( { - \int {AP(x)\,dx} } \right)dx} = \exp (b) \cdot \int {U'(x)\,dx} = \exp (b) \cdot U(x) + \exp (b) \cdot c. \hfill \\ \end{gathered} \)

  9. 9.

    Zur HARA-Klasse vgl. z. B. Ingersoll (1987, S. 39–40).

  10. 10.

    Vgl. hierzu Leber (1975); Coenenberg und Kleine-Doepke (1975); Jacob und Leber (1976); Krelle (1976); Bitz und Rogusch (1976); Albrecht (1982); Schildbach und Ewert (1984); Vetschera (1984); Bitz (1984); Wilhelm (1986); Schildbach (1989); Kürsten (1992a, b); Dyckhoff (1993).

  11. 11.

    Ein kritischer Vergleich von Konzepten der Entscheidung bei Unsicherheit mit dem Bernoulli-Prinzip wird in Bamberg und Trost (1996) vorgenommen.

  12. 12.

    Die einfachste Kreisgleichung in einem (x, y)-Diagramm lautet \(\rm {{x}^{2}}+{{y}^{2}}={{r}^{2}}\). Diese Gleichung liefert konzentrische Kreise um den Ursprung mit Radius r. Wird das Zentrum der Kreise auf der x-Achse um mx und auf der y-Achse um my verschoben, so ergeben sich die Kreise aus der Gleichung \(\rm {{(x-{{m}_{x}})}^{2}}+{{(y-{{m}_{y}})}^{2}}={{r}^{2}}\).

  13. 13.

    Setzt man in der allgemeinen Kreisgleichung \(\rm {{(x-{{m}_{x}})}^{2}}+{{(y-{{m}_{y}})}^{2}}={{r}^{2}}\) an die Stelle von x und y die Parameter μ und σ, so lässt sich die Kreisgleichung in die Präferenzfunktion \(\rm E[U(\tilde{x})]\,=\,b\cdot \mu -c\cdot ({{\mu }^{2}}+{{\sigma }^{2}})\) überführen, indem man \(\rm {{m}_{x}}={{m}_{\mu }}=b/(2c)\,sowie\,{{m}_{y}}={{m}_{\sigma }}=0\) und \(\rm {{r}^{2}}={{[b/(2c)]}^{2}}-E[U(\tilde{x})]/c\) setzt. Der Radius beträgt \(\rm r=\sqrt{{{[b/(2c)]}^{2}}-E[U(\tilde{x})]/c}\).

  14. 14.

    Anders ist dies beispielsweise bei der logarithmischen Normalverteilung. Auch diese ist über zwei Parameter definiert, aber diese Parameter entsprechen nicht dem Erwartungswert und der Standardabweichung dieser Verteilung; letztere hängt von beiden Parametern ab.

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Laux, H., Gillenkirch, R., Schenk-Mathes, H. (2014). Rationale Entscheidung bei Risiko: Das Bernoulli-Prinzip. In: Entscheidungstheorie. Springer-Lehrbuch. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-55258-8_5

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