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Kernphysik

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Physik
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Zusammenfassung

Aus Sicht des Chemikers reicht es vielfach aus, den Atomkern als Punktladung zu modellieren, die den größten Teil der Masse des Atoms enthält. Wir betrachten den Atomkern nun aus der Perspektive des Physikers und werden sehen, dass die Protonen und Neutronen, aus denen der Kern besteht, sowohl in unserem täglichen Leben eine wichtige Rolle spielen als auch für die Geschichte und Struktur des Universums von großer Bedeutung waren.

Das Atomkraftwerk Diablo Canyon in der Nähe von San Luis Obispo in Kalifornien. (© Tony Hertz/Alamy.)

? Wie viel Energie wird bei der Spaltung von 1g \({}^{235}\)U frei? (Siehe Beispiel 38.6.)

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Correspondence to Paul A. Tipler .

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Appendices

Im Kontext: Energie aus der Fusion schwerer Wasserstoffkerne – das Großexperiment Wendelstein 7-X

Es ist schon seit Jahrzehnten ein Menschheitstraum, die Bindungsenergie der Atomkerne nutzbar zu machen. Die Spaltung von U\({}^{\mathrm{238}}\) ist ein Weg, der physikalisch und technologisch gut verstanden ist, sich allerdings mit Akzeptanzproblemen und Herausforderungen bezüglich der Endlagerung radioaktiver Spaltprodukte auseinandersetzen muss. Ein anderer Weg ist die Fusion leichter Kerne, bei der ein Massendefekt auftritt, der dem Zuwachs an kinetischer Energie der Fusionsprodukte entspricht (in Klammern angegeben):

$${}_{\mathrm{1}}\text{D}^{\mathrm{2}}+_{\mathrm{1}}\text{T}^{\mathrm{3}}\to_{\mathrm{2}}\text{He}^{\mathrm{4}}\text{(3,5\,M{{eV}})}+_{\mathrm{0}}\text{n}^{\mathrm{1}}\text{(14,1\,M{{eV}})}.$$

Das natürliche Vorbild für diese Kernreaktion ist die Sonne. Hier ist die Fusion von Protonen zu Helium der wesentliche Kernprozess, der letztlich zur Abstrahlung von Photonen und damit zu Energietransfer führt. Fusion kann damit als die Primärenergiequelle des Weltalls angesehen werden. Auf der Erde ist dieser Vorgang jedoch nicht einfach nachzuvollziehen: Im Sonneninneren, wo die Fusionsprozesse ablaufen, herrscht ein kinetischer Druck von etwa 2\(\cdot\)10\({}^{16}\) Pa bei einer Temperatur von 15\(\cdot\)10\({}^{6}\) K. Unter diesen Bedingungen befindet sich das Gas im sogenannten Plasmazustand. Der kinetische Druck wird durch den Gravitationsdruck balanciert, was in der Gesamtmasse von \(1{,}989\cdot 10^{30}\) kg (entspricht etwa 333 000 Erdmassen) resultiert. Viel günstigere Bedingungen findet man, wenn man – wie oben angegeben – die Kerne der Wasserstoffisotope Deuterium (D) und Tritium (T) fusioniert und den kinetischen Druck \(p_{\text{kin}}=nk_{\text{B}}T\) durch den magnetischen Druck \(p_{\text{mag}}=B^{2}/2\upmu_{0}\) balanciert.

Im Rahmen einer mühevollen, jahrzehntelangen Suche haben sich Magnetfelder in Torusform als am besten dafür geeignet erwiesen. Zwei Grundkonzepte haben sich weitgehend durchgesetzt: der Tokamak und der Stellarator. Beide wurden Anfang der 1950er Jahre vorgeschlagen. Der Tokamak basiert auf der Idee, ein rein torusförmiges Magnetfeld, das durch einen Satz planarer Spulen erzeugt wird, mit dem Magnetfeld eines Stroms zu überlagern, der entlang des Torus im Plasma fließt. So erhält das Magnetfeld die notwendige Verdrillung, die zum Aufbau des magnetischen Drucks notwendig ist. Der Stellarator hingegen erreicht die Verdrillung des Magnetfelds durch die Formgebung der Spulen.

Hier kommt das Experiment Wendelstein 7-X ins Spiel: Während der Tokamak mit seinen relativ einfachen, planar geformten Spulen in den 1970er und 1980er Jahren gewaltige Erfolge feiern konnte, hinkte der Stellarator in den Kenndaten Temperatur, Plasmadichte und Wärmeisolation hinterher. Erst die Verfügbarkeit von Supercomputern erlaubte die Bestimmung der „richtigen“ Magnetfeldgeometrie. Die umfangreichen Computercodes lösen dabei die Grundgleichungen des magnetisierten, torusförmigen Plasmas und suchen dabei systematisch nach einer Geometrie, die einen ganzen Satz von Gütekriterien gleichzeitig erfüllt. Das Ergebnis ist eine auf Anhieb willkürlich anmutende Spulenform, die in der Abbildung gezeigt ist.

Das Großexperiment Wendelstein 7-X (Durchmesser 16 m, Gewicht 700 t, Plasmavolumen 30 m\({}^{\mathrm{3}})\) befindet sich am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald im Bau und wird im Jahr 2014 technisch in Betrieb gesetzt. Die hohen Anforderungen an Flexibilität, Zugänglichkeit für wissenschaftliche Instrumente und Dauerbetriebsfähigkeit machen die Maschine äußerst komplex, und der Aufbau dauerte über 15 Jahre – eine halbe Forschergeneration! Wendelstein 7-X ist als Experiment zu klein, um als Kraftwerk arbeiten zu können, aber es soll damit bewiesen werden, dass die berechnete Magnetfeldgeometrie zu einem künftigen Kraftwerk führt. Dazu müssen allerdings noch einige Hürden bewältigt werden: Die notwendigen Plasmaparameter, um in einem D-T-Gemisch hinreichend hohe Fusionsraten zu erzielen, müssen erreicht werden, und das stabil und dauerhaft. Verunreinigungen mit Atomen hoher Kernladungszahl, die zu Abstrahlung im weichen Röntgenbereich und damit zu Verlusten der kinetischen Plasmaenergie führen, gilt es zu vermeiden. Nicht zuletzt müssen Materialien weiter entwickelt werden, um dauerhaft und zuverlässig mit den belastenden Bedingungen – vor allem Wärme- und Neutronenflüssen – umgehen zu können. Insgesamt handelt es sich bei der Plasmaphysik und Fusionsforschung um ein herausforderndes Forschungsgebiet mit ausgeprägt interdisziplinärem Charakter. Am Max-Planck-Institut in Greifswald werden ab 2015 etwa 500 Personen am Betrieb und an der wissenschaftlichen Nutzung des Wendelstein 7-X arbeiten.

figure e

© Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

figure f

Prof. Dr. Thomas Klinger, geboren 1965 in Eutin, studierte an der Universität Kiel Physik und promovierte 1994 mit einer Arbeit zur nichtlinearen Plasmadynamik. 1999 wurde er zum Professor für Experimentelle Physik an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität zu Greifswald ernannt. Im April 2001 wurde er zum wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und zum Direktor am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik berufen. Seit 2005 ist er Mitglied des Direktoriums und wissenschaftlicher Leiter der Unternehmung Wendelstein 7-X.

1. http://www.ipp.mpg.de (Stand: Juli 2013).

2. Bräuer, T., Klinger, T., Bosch, H. S., „Progress, Challenges, and Lessons Learned in the Construction of Wendelstein 7-X“, IEEE Transactions on Plasma Science Vol. 40 No. 3, 2012, 577–583.

Aufgaben

1.1 Verständnisaufgaben

1.1.1 38.1 • 

Stickstoff, Eisen und Zinn haben die stabilen Isotope \({}^{14}\)N, \({}^{56}\)Fe bzw. \({}^{118}\)Sn. Geben Sie je zwei weitere Isotope zu a) Stickstoff, b) Eisen und c) Zinn an.

1.1.2 38.2 • 

Einem \(\upalpha\)-Zerfall folgt oft ein \(\upbeta\)-Zerfall. Dabei handelt es sich dann stets um einen \(\upbeta^{-}\)- und nicht um einen \(\upbeta^{+}\)-Zerfall. Warum ist das so?

1.1.3 38.3 • 

Wie würde sich eine lang anhaltende Variation der kosmischen Strahlungsaktivität auf die Genauigkeit der C-14-Methode zur Altersbestimmung auswirken?

1.1.4 38.4 • 

Erklären Sie, warum Wasser wirksamer als Blei ist, um schnelle Neutronen abzubremsen.

1.1.5 38.5 • 

Das einzige stabile Isotop des Natriums ist das \({}^{23}\)Na. Welche Art von \(\upbeta\)-Zerfall würden Sie für a) \({}^{22}\)Na und b) \({}^{24}\)Na erwarten?

1.2 Schätzungs- und Näherungsaufgaben

1.2.1 38.6 •• 

Der Energiebehörde der USA zufolge liegt der Energiebedarf der amerikanischen Bevölkerung bei etwa 1020 J pro Jahr. Schätzen Sie ab, a) wie viel Uran (in kg) nötig ist, um diese Energiemenge durch Kernspaltung zu erzeugen, b) wie viel Deuterium und Tritium (in kg) nötig wären, um diese Energiemenge durch Kernfusion zu erzeugen.

1.3 Eigenschaften der Kerne

1.3.1 38.7 • 

Berechnen Sie die Bindungsenergie und die Bindungsenergie pro Nukleon für a) \({}^{12}\)C, b) \({}^{56}\)Fe und c) \({}^{238}\)U. Benutzen Sie dazu die in Tabelle 38.1 angegebenen Massen.

1.3.2 38.8 • 

Berechnen Sie mithilfe der Formel \(r_{\text{K}}=r_{0}\,A^{1/3}\) mit \(r_{0}=1{,}2\) fm (Gleichung 38.1) die Radien der folgenden Kerne: a) \({}^{16}\)O, b) \({}^{56}\)Fe und c) \({}^{197}\)Au.

1.3.3 38.9 •• 

Wird ein Neutron von einem Atomkern getrennt, so zerfällt es gemäß der folgenden Reaktionsgleichung in ein Proton, ein Elektron und ein Antineutrino: \({\text{n}}\rightarrow{{}^{1}{\text{H}}}+{\text{e}}^{-}+{\bar{\upnu}}\). Die thermische Energie eines Neutrons ist von der Größenordnung \(k_{\text{B}}T\), wobei \(k_{\text{B}}\) die Boltzmann-Konstante ist. a) Berechnen Sie die Energie eines thermischen Neutrons bei 25 \({}^{\circ}\)C in J und eV. b) Welche Geschwindigkeit hat das thermische Neutron? c) Ein Strahl monoenergetischer thermischer Neutronen werde bei einer Temperatur von 25 \({}^{\circ}\)C erzeugt und habe eine Intensität I. Nachdem er eine Strecke von 1350 km zurückgelegt hat, ist die Intensität des Strahls auf \(I/2\) gesunken. Schätzen Sie die Halbwertszeit der Neutronen ab und geben Sie das Ergebnis in Minuten an.

1.3.4 38.10 •• 

Im Jahre 1920, zwölf Jahre vor der Entdeckung des Neutrons, schlug Rutherford die Existenz von Elektron-Proton-Paaren im Kernbereich als Erklärung dafür vor, dass die Massenzahl A größer als die Kernladungszahl Z sein kann. Weiterhin, so argumentierte er, könnten diese Elektron-Proton-Paare die Quelle für die beim radioaktiven Zerfall auftretenden \(\upbeta\)-Teilchen sein. Die Streuexperimente , die Rutherford 1910 durchführte, ergaben, dass der Kern einen Durchmesser von etwa 10 fm hat. Verwenden Sie diesen Kerndurchmesser, die Unschärferelation und die Tatsache, dass \(\upbeta\)-Teilchen eine Energie zwischen 0,02 MeV und 3,40 MeV haben, um zu zeigen, dass die hypothetischen Elektronen nicht auf einen Bereich von der Größe des Kerns beschränkt sein können.

1.4 Radioaktivität

1.4.1 38.11 • 

An einer radioaktiven Quelle wird zur Zeit t = 0 eine Zählrate von 8000 Zählimpulsen/s gemessen, 10 min später sind es 1000 Impulse/s. a) Wie groß ist die Halbwertszeit? b) Wie groß ist die Zerfallskonstante? c) Welche Zählrate misst man nach 20 min?

1.4.2 38.12 • 

Verwenden Sie Tabelle 38.1, um die Energie in MeV zu berechnen, die beim \(\upalpha\)-Zerfall von a) \({}^{226}\)Ra bzw. b) \({}^{242}\)Pu freigesetzt wird.

1.4.3 38.13 • 

Eine Probe eines in einer archäologischen Forschungsstätte ausgegrabenen Knochens enthalte 175 g Kohlenstoff. Die \({}^{14}\)C-Zerfallsrate betrage 8,1 Bq. Wie alt ist der Knochen?

1.4.4 38.14 •• 

Plutonium ist ein hochgiftiges und für den Menschen lebensgefährliches Material. Einmal in den Körper gelangt, sammelt es sich hauptsächlich in den Knochen, obwohl es auch in anderen Organen zu finden ist. Im Knochenmark werden die roten Blutkörperchen gebildet. Das \({}^{239}\)Pu-Isotop ist ein \(\upalpha\)-Strahler mit einer Halbwertszeit von 24 360 Jahren. Da es sich bei \(\upalpha\)-Teilchen um eine ionisierende Strahlung handelt, wird die blutbildende Eigenschaft des Knochenmarks durch das \({}^{239}\)Pu mit der Zeit immer mehr zerstört. Darüber hinaus löst die ionisierende Wirkung der \(\upalpha\)-Teilchen in dem Gewebe, das die \({}^{239}\)Pu-Isotope umgibt, verschiedene krebsartige Veränderungen aus. a) Wenn eine Person aus Versehen 2,0 \(\upmu\)g \({}^{239}\)Pu zu sich genommen und dieses sich vollständig in den Knochen gesammelt hat, wie viele \(\upalpha\)-Teilchen werden dann pro Sekunde im Skelett des Opfers erzeugt? b) Nach wie vielen Jahren wird eine Aktivität von 1000 \(\upalpha\)-Teilchen pro Sekunde erreicht?

1.4.5 38.15 •• 

Das Rubidiumisotop \({}^{87}\)Rb ist ein \(\upbeta^{-}\)-Strahler mit einer Halbwertszeit von \(4{,}9\cdot 10^{10}\) Jahren und zerfällt zu \({}^{87}\)Sr. Dieser Zerfallsprozess wird zur Bestimmung des Alters von Steinen und Fossilien genutzt. Berechnen Sie das Alter von Fossilien in Steinen, die ein Verhältnis von \({}^{87}\)Sr zu \({}^{87}\)Rb von 0,0100 aufweisen, unter der Annahme, dass die Steine bei ihrer Entstehung kein \({}^{87}\)Sr enthielten.

1.5 Kernreaktionen

1.5.1 38.16 • 

Benutzen Sie Tabelle 38.1, um die Q-Werte für die folgenden Reaktionen zu berechnen: a) \({{}^{2}{\text{H}}}+{{}^{2}{\text{H}}}\rightarrow{{}^{3}{\text{H}}}+{{}^{1}{\text{H}}}+Q\), b) \({{}^{2}{\text{H}}}+{{}^{3}{\text{He}}}\rightarrow{{}^{4}{\text{He}}}+{{}^{1}{\text{H}}}+Q\) und c) \({{}^{6}{\text{Li}}}+{\text{n}}\rightarrow{{}^{3}{\text{H}}}+{{}^{4}{\text{He}}}+Q\).

1.5.2 38.17 •• 

a) Berechnen Sie aus den Atommassen \(m=14{,}003\,242\) u für \({}^{14}_{\ 6}\)C und \(m=14{,}003\,074\) u für \({}^{14}_{\ 7}\)N den Q-Wert (in MeV) für den folgenden \(\upbeta\)-Zerfall:

$${{}^{14}_{\ 6}{\text{C}}}\rightarrow{{}^{14}_{\ 7}{\text{N}}}+{\text{e}}^{-}+\bar{\upnu}_{\text{e}}.$$

b) Erläutern Sie, warum in dieser Rechnung die Masse des Elektrons nicht zur Atommasse des \({}^{14}_{\ 7}\)N addiert werden muss.

1.6 Kernspaltung und Kernfusion

1.6.1 38.18 • 

Angenommen, der Vermehrungsfaktor eines Kernreaktors beträgt 1,1. Nach wie vielen Generationen hat sich die Leistung des Reaktors a) auf das Doppelte, b) auf das Zehnfache und c) auf das Hundertfache erhöht? Berechnen Sie für alle drei Fälle die dazu benötigte Zeit, d) wenn keine verzögerten Neutronen vorhanden sind, sodass die Generationsdauer 1,0 ms beträgt, und e) wenn sich die Generationsdauer aufgrund verzögerter Neutronen auf 100 ms erhöht.

1.6.2 38.19 •• 

Im Jahre 1989 stellten einige Wissenschaftler die heute allgemein bezweifelte Behauptung auf, eine Kernfusion bei Zimmertemperatur in einer elektrochemischen Zelle erreicht zu haben. Durch eine Deuteriumfusion an der Palladiumelektrode ihrer Apparatur wollten sie eine Leistungsabgabe von 4 W erzielt haben. Die beiden wahrscheinlichsten Reaktionen für eine solche Fusion sind

$${{}^{2}{\text{H}}}+{{}^{2}{\text{H}}}\rightarrow{{}^{3}{\text{He}}}+{\text{n}}+3{,}27\,\text{M{{eV}}}$$

und

$${{}^{2}{\text{H}}}+{{}^{2}{\text{H}}}\rightarrow{{}^{3}{\text{H}}}+{{}^{1}{\text{H}}}+4{,}03\,\text{M{{eV}}}.$$

Nehmen Sie an, dass beide mit der gleichen Wahrscheinlichkeit von 50 % ablaufen. Wie viele Neutronen müssten pro Sekunde emittiert werden, wenn die Leistungsabgabe 4,00 W betragen soll?

1.6.3 38.20 ••• 

In der Sonne und anderen Sternen wird Energie durch Kernfusion erzeugt. Einer der dabei auftretenden Fusionszyklen, der Proton-Proton-Zyklus , besteht aus den folgenden Reaktionen:

$$\begin{aligned}&{{}^{1}{\text{H}}}+{{}^{1}{\text{H}}}\rightarrow{{}^{2}{\text{H}}}+{\text{e}}^{+}+\upnu_{\text{e}}\,,\\ &{{}^{1}{\text{H}}}+{{}^{2}{\text{H}}}\rightarrow{{}^{3}{\text{He}}}+\upgamma\,,\end{aligned}$$

gefolgt von

$${{}^{1}{\text{H}}}+{{}^{3}{\text{He}}}\rightarrow{{}^{4}{\text{He}}}+{\text{e}}^{+}+\upnu_{\text{e}}.$$

a) Zeigen Sie, dass der Nettoeffekt dieser Reaktionen

$$4\,{{}^{1}{\text{H}}}\rightarrow{{}^{4}{\text{He}}}+2\,{\text{e}}^{+}+2\,\upnu_{\text{e}}+\upgamma$$

ist. b) Zeigen Sie, dass dabei eine Energie von 24,7 MeV freigesetzt wird. (Lassen Sie dabei mögliche Annihilationsprozesse der Positronen mit Elektronen, bei denen 1,02 MeV freigesetzt würden, außer Acht.) c) Die Sonne strahlt mit einer Leistung von etwa \(4{,}0\cdot 10^{26}\) W. Nehmen Sie an, die abgestrahlte Energie wird nur durch die in Teilaufgabe a dargestellte Nettoreaktion erzeugt. Bestimmen Sie die Rate des Protonenverbrauchs in der Sonne. Wie lange ist ein solcher Prozess prinzipiell möglich, wenn die abgestrahlte Leistung konstant bleibt und die Protonen etwa die Hälfte der Sonnenmasse von \(2{,}0\cdot 10^{30}\) kg ausmachen?

1.7 Allgemeine Aufgaben

1.7.1 38.21 • 

Welche Energie muss aufgewendet werden, um ein Neutron a) aus einem \({}^{4}\)He-Kern und b) aus einem \({}^{7}\)Li-Kern zu entfernen?

1.7.2 38.22 • 

Ein Neutronenstern hat in etwa die gleiche Dichte wie Kernmaterie. Wenn unsere Sonne zu einem Neutronenstern kollabieren würde, welchen Radius hätte das entstehende Objekt?

1.7.3 38.23 • 

Die relative Isotopenhäufigkeit von \({}^{40}\)K beträgt \(1{,}2\cdot 10^{-4}\). Das \({}^{40}\)K-Isotop ist radioaktiv, hat eine molare Masse von 40,0 g/mol und eine Halbwertszeit von \(1{,}3\cdot 10^{9}\) Jahren. Kalium ist ein wesentliches Element jeder lebenden Zelle. Im menschlichen Körper macht Kalium etwa 0,36 % der Gesamtmasse aus. Bestimmen Sie die von dieser radioaktiven Quelle ausgehende Aktivität in einem Studenten mit einer Masse von 60 kg.

1.7.4 38.24 •• 

Durch \(\upgamma\)-Strahlen kann in Kernen Photospaltung hervorgerufen werden. Darunter versteht man eine Kernspaltung, die durch die Absorption eines Photons ausgelöst wird. Berechnen Sie die Grenzwellenlänge des Photons für das Zustandekommen der folgenden Kernreaktion:

$${{}^{2}{\text{H}}}+\upgamma\rightarrow{{}^{1}{\text{H}}}+{\text{n}}.$$

Entnehmen Sie die Massen der beteiligten Teilchen Tabelle 38.1.

1.7.5 38.25 •• 

a) Bestimmen Sie den Abstand größtmöglicher Annäherung bei dem zentralen Stoß zwischen einem \(\upalpha\)-Teilchen mit einer Energie von 8 MeV und einem ruhenden \({}^{197}\)Au-Kern bzw. einem ruhenden \({}^{10}\)B-Kern. Vernachlässigen Sie dabei den Rückstoß der getroffenen Kerne. b) Wiederholen Sie die Rechnung unter Berücksichtigung des Rückstoßes der getroffenen Kerne.

1.7.6 38.26 •• 

In einem Beschleuniger werden mit einer konstanten Rate \(R_{\text{P}}\) Kerne eines radioaktiven Isotops mit einer Zerfallskonstante λ erzeugt. Dann erfüllt die Anzahl n der radioaktiven Kerne die Gleichung \(\,\mathrm{d}n/\,\mathrm{d}t=R_{\text{P}}-\lambda\,n\). a) Skizzieren Sie den Verlauf von n in Abhängigkeit von t für den Fall, dass zum Zeitpunkt t = 0 gilt: n = 0. b) Das \({}^{62}\)Cu-Isotop wird mit einer Rate von 100 Kernen pro Sekunde erzeugt, wenn man gewöhnliches Kupfer (\({}^{63}\)Cu) in einen Strahl von hochenergetischen Photonen bringt. Die entsprechende Reaktionsgleichung lautet:

$$\upgamma+{{}^{63}{\text{Cu}}}\rightarrow{{}^{62}{\text{Cu}}}+{\text{n}}.$$

Die \({}^{62}\)Cu-Kerne zerfallen unter \(\upbeta\)-Emission mit einer Halbwertszeit von 10 min. Nach einer hinreichend langen Zeitspanne gilt: \(\,\mathrm{d}n/\,\mathrm{d}t\approx 0\). Wie viele \({}^{62}\)Cu-Kerne liegen dann vor?

1.7.7 38.27 ••• 

Der Tochterkern eines radioaktiven Ausgangskerns ist oft selbst wieder radioaktiv. Nehmen Sie an, das Ausgangsmaterial A habe die Zerfallskonstante \(\lambda_{\text{A}}\), das Tochtermaterial B die Zerfallskonstante \(\lambda_{\text{B}}\). Die Zahl der Kerne der Substanz B, \(n_{\text{B}}\), ergibt sich dann als Lösung der Differenzialgleichung

$$\,\mathrm{d}n_{\text{B}}/\,\mathrm{d}t=\lambda_{\text{A}}\,n_{\text{A}}-\lambda_{\text{B}}\,n_{\text{B}},$$

wobei \(n_{\text{A}}\) die Zahl der Kerne des Ausgangsmaterials bezeichnet. a) Erklären Sie, wie diese Differenzialgleichung zustande kommt. b) Zeigen Sie, dass die Lösung der Differenzialgleichung

$$n_{\text{B}}(t)=\frac{n_{\text{A,0}}\,\lambda_{\text{A}}}{\lambda_{\text{B}}-\lambda_{\text{A}}}\left({\text{e}}^{-\lambda_{\text{A}}t}-{\text{e}}^{-\lambda_{\text{B}}t}\right)$$

lautet, wobei \(n_{\text{A,0}}\) die Zahl der Kerne der Sorte A zum Zeitpunkt t = 0 bezeichnet; die Zahl der Kerne von der Sorte B ist zu diesem Zeitpunkt null. c) Zeigen Sie, dass für \(n_{\text{B}}(t)\) aus Teilaufgabe b stets \(n_{\text{B}}(t)> 0\) gilt, unabhängig davon, ob \(\lambda_{\text{A}}> \lambda_{\text{B}}\) oder \(\lambda_{\text{B}}> \lambda_{\text{A}}\) ist. d) Tragen Sie \(n_{\text{A}}(t)\) und \(n_{\text{B}}(t)\) für den Fall \(\tau_{\text{B}}=3\,\tau_{\text{A}}\) als Funktion der Zeit auf.

1.7.8 38.28 ••• 

Ein Beispiel für die in Aufgabe 38.27 diskutierte Situation ist das radioaktive \({}^{229}\)Th-Isotop, ein \(\upalpha\)-Strahler mit einer Halbwertszeit von 7300 Jahren. Das Tochtermaterial, \({}^{225}\)Ra, ist ein \(\upbeta\)-Strahler und hat eine Halbwertszeit von 14,8 Tagen. In diesem wie auch in vielen anderen Fällen dieser Art ist die Halbwertszeit des Ausgangsmaterials wesentlich länger als die des Tochtermaterials. Verwenden Sie den Ausdruck aus Aufgabe 38.27, Teil b, und gehen Sie davon aus, dass ursprünglich reines \({}^{229}\)Th mit \(n_{\text{A,0}}\) Kernen vorliegt. Zeigen Sie, dass die Zahl \(n_{\text{B}}\) der \({}^{225}\)Ra-Kerne nach einigen Jahren konstant ist und der folgenden Beziehung folgt:

$$n_{\text{B}}=\frac{\lambda_{\text{A}}}{\lambda_{\text{B}}}\,n_{\text{A}}.$$

Dabei ist \(n_{\text{A}}\) die Zahl der \({}^{229}\)Th-Kerne. Man sagt in diesem Fall, die Zahl der Tochterkerne befindet sich im Dauergleichgewicht.

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Tipler, P.A., Mosca, G. (2015). Kernphysik. In: Wagner, J. (eds) Physik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-54166-7_38

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