Die Biochemie der Wirkstoff-Hemmstoff-Antagonismen

Zusammenfassung

Einer der bedeutendsten Fortschritte der modernen Biologie besteht in der Erkenntnis, daß die den Lebenserscheinungen zugrunde liegenden stofflichen Reaktionen nicht — wie bisher angenommen — allein durch eine zeitliche Aufeinanderfolge chemischer Abläufe bedingt sind, sondern auch dadurch, daß diese Abläufe innerhalb der Zelle in einer gesetzmäßig festgelegten räumlichen Anordnung nebeneinander lokalisiert sind. Wie sich erstmalig aus der Untersuchung des Fermentkomplexes der aus Leber isolierten Mitochondrien (1) ergab, sind enzymatisch katalysierte Teilreaktionen des Stoffwechsels, die zeitlich aufeinanderfolgen, in den kleinsten morphologischen Einheiten der Zelle auch in örtlicher Nachbarschaft untergebracht, derart, daß die ihren Ablauf bewirkenden Enzymproteide in mosaikartiger Anordnung aneinander grenzend einen Wirkstoffkomplex höherer Ordnung (ein „multi-enzyme system“) bilden. Offenbar garantiert dies Ineinandergreifen einer zeitlichen und räumlichen Ordnung der Stoffwechselvorgänge ein Maximum an Ökonomie ebenso wie in einem Industriebetrieb höchstmögliche Rationalisierung des Fabrikationsganges durch Vorbeiführung des Werkstückes an den benachbart angeordneten, die einzelnen Verarbeitungsschritte durchführenden Werkzeugen auf einem Fließband erreicht wird. Die Voraussetzung zur Erzielung eines optimalen Nutzeffektes durch eine zeitlich-räumliche Koordination der Stoffwechselprozesse setzt voraus, daß die Enzymproteide, welche in Zeit und Raum aufeinanderfolgende Reaktionen katalysieren, eine spezifische Oberflächenentfaltung aufweisen, die ihre lückenlose Einordnung in das Bausteinmuster des „multi-enzyme system“ ermöglicht (2).