Aminosäureanalysen in der Schwangerschaft und ihre Auswertung für Prophylaxe und Therapie der Spättoxikosen

Zusammenfassung

Wir haben mit unseren Analysen der schwefelhaltigen Aminosäuren im Serumeiweiß in der normalen und toxischen Gravidität im Laufe von Jahren gesicherte Ergebnisse gewonnen, die auch von anderer Seite, wie von Heller und Kyank bestätigt worden sind. Ich möchte im Hinblick auf die Spättoxikosen den wechselnden Gehalt an Cystin als besonders wesentlich bezeichnen, ohne dabei in Abrede stellen zu wollen, daß das Serumeiweiß auch in bezug auf andere Aminosäuren eine Änderung erfährt. Das Cystin erscheint mir deswegen mit am wichtigsten, weil es in der Eiweißneubildung eine hervorragende Rolle spielt. Von chemischer Seite wird betont, daß eine Eiweißneubildung ohne Cystin nicht möglich erscheint. Manche sprechen dem Cystin sogar die Rolle einer Art von Kristallisationzentrum zu, an das sich die übrigen Aminosäuren anlagern. Es ist bekannt, daß in der Schwangerschaft vermehrt Aminosäuren im Harn ausgeschieden werden. Diese Tatsache könnte man darauf zurückführen, daß nicht ausreichend Cystin vorhanden ist, um die Aminosäuren zu Eiweißmolekülen zusammenzubinden. Das Cystin spielt bei Wachstumsprozessen eine wesentliche Rolle, wie sie in der Schwangerschaft. bei Mutter und Kind in hohem Maße vorhanden sind. Dies zeigen unter anderem Verfütterungsversuche von cystinarmem Eiweiß an wachsende Ratten, die daraufhin ihr Wachstum einstellen.