Universität und Universitätsreform

Zusammenfassung

Schon lange vor der jetzigen Katastrophe erscholl immer wieder der Ruf nach der Universitätsreform. Die Reformen des damaligen preußischen Kultusministers Becker, dessen Sachbearbeiter für dieses Gebiet ich vier Jahre lang war, erschöpften sich anläßlich der großen Widerstände im Organisatorischen. Die Nationalsozialisten machten nicht einmal den Versuch einer ernsten Reform, dokterten an Studienplänen herum und verwirtschafteten — ähnlich wie auf anderen Gebieten — einen großen Teil des geistigen Fundus und des äußeren Ansehens der Universitäten. Die Haltung eines leider nicht geringen Teils der Professoren, die, auch wenn sie innerlich wenig vom Nationalsozialismus erfaßt waren, doch in Verkennung seiner terroristischen Kampfmittel und seiner Ungeistigkeit zu seinen Steigbügel-haltern wurden, führte zu einer solchen Minderung des Ansehens der deutschen Universitäten im In- und Auslande,daß das Universitätsproblem mit der Entfernung einiger ausgesprochen aktiv-nationalsozialistischer Hochschullehrer nicht als gelöst betrachtet werden kann. In der Welt draußen sieht dieser Vorwurf so aus: Der Professor hat als höchste Berufsaufgabe, der Erforschung der Wahrheit zu dienen; für sie hat er sich kompromißlos einzusetzen; darauf beruht sein soziales Ansehen und seine materielle Heraushebung aus den Beamtenberufen. Während die Geistlichen der Kirchen im Einsatz für ihren Beruf zum größten Teil keine Kompromisse geschlossen haben, hat an den Universitäten von Anfang an bis zum Ende der Naziherrschaft nationalsozialistischer Ungeist regieren können; allzu viele Hochschullehrer hatten sich mindestens schweigend und resignierend allen Ansinnen nationalsozialistischer Machthaber gefügt, sind Parteimitglieder wie die Masse der Beamten geworden und haben nur zum kleineren Teil wenigstens mittelbar und insgeheim für die Wahrheit und für die Freiheit der Wissenschaft und Lehre gewirkt.