Die Physiologie im 19. Jahrhundert

Zusammenfassung

Das 19. Jahrhundert ist nicht nur zeitlich, sondern auch in seinen Zielen die geradlinige Fortsetzung des 18. Jahrhunderts. Der Geist der Aufklärung mit seinem Bestreben, immer tiefer mit Hilfe der erkennenden Vernunft die Gesetze der äußeren Natur, des geistigen Seins und der Geschichte zu analysieren, ist ein fortwirkender Impuls. Die Lösung von weltlichen und geistlichen Autoritäten schreitet fort. Auf der Ebene der gesellschaftlichen Entwicklung führt sie zum Liberalismus, zum Individualismus und zur Demokratie. Träger der Kultur wird das städtische Bürgertum, die kleinen Residenzen fallen der Säkularisierung und Mediatisierung zum Opfer. Die Entwicklung neuer wissenschaftlicher Methoden und Denkformen führt zu ungeahnten und unerhörten Erfolgen. Die Wissenschaft wird das Idol dieses Jahrhunderts, aber nicht mehr in den Salons adeliger Damen, sondern auf den Straßen, in den Schulen und Fabriken. Im Jahre 1859 erscheint Darwins Werk „Über die Entstehung der Arten“. Leben ist Ergebnis einer langen Entwicklung. Die Illusionen über die Sonderstellung von Mensch und Erde schwinden. Überall entdeckt die Forschung eherne Gesetze in der Natur, eine unentrinnbare Determiniertheit des Geschehens. Die Physik scheint sich in Mechanik aufzulösen. Eine materialistische Popularphilosophie beherrscht das Denken breiter gebildeter Kreise. Der Glaube an den Fortschritt ist stärker als das Gefühl der verlorenen Sicherheit in einem sinnentleerten und bindungslosen Dasein.