Der Wald und der Mensch

Zusammenfassung

In scharfem Gegensatze gegen die Völker des klassischen Alterthumes, denen ein inniges, wahres Verständniß der Natur und damit auch die Fähigkeit, die Natur zu schildern, mangelte, hat sich das Gemüth der germanischen Stämme auf allen Kulturstufen mit Vorliebe und ahnendem Verständniß in die Tiefe der Naturbetrachtung und des Naturgenusses versenkt. Vor Allem war, es stets der deutsche Wald, den frommer Kindesglaube und pietätische Scheu mit sagenhaften Wundern schmückte und mit tiefsinnigen Bildern einer ahnungsreichen Phantasie bevölkerte. Dort suchte die Sage auf verschlungenem Pfad das stolze Königsschloß, in dem die wunderholde Prinzessin Dornröschen schlummerte; tief im Walde am heiligen See feierte eine Zeit, die nur noch in sdattenhaften Umrissen in unser Iahrhundert hereinragt, die Mysterien der Göttin Aertha, welche auf goldenem Wagen aus dem Waldesbunkel herausfahrend, Segen und Fruchtbarkeit auf die Fluren ausschüttete; die instinktiv empfundenen Schauer des tiefen einsamen Waldes verkörperten sich zu tausendgestalteten unheimlichen Waldgeistern; aus der Anmuth der tiefktaren Waldquelle, der Lieblichkeit des Waldschattens, durch den die Sonnettlichter magisch blitzen, wuchsen die Bilder schöngestalteter Frauen empor, welche den Göttern verwandt, dem Menschen wohlgesinnt und zur Hülfe bereit sind.