Zusammenfassung
Von den Ländern, die in diesem Buch besprochen werden, hat es Deutschland am besten verstanden, der Hochschulerziehung die ihr gebührende Stellung zu geben. Die Amerikaner schenken der Erziehung wohl Vertrauen, und zwar ein geradezu naives Vertrauen, wie ich schon erwähnt habe, aber sie wissen nicht um das Wesen der Erziehung, wie man an der gemischten Natur ihrer Lehrpläne, an ihrer Abneigung gegen Disziplin und an der Überwertung des gesellschaftlichen Lebens erkennen kann. Es ist richtig, daß die Lehrpläne lange Zeit zu eng begrenzt und zu einförmig waren, und es ist auch richtig, daß die Schule ein gesellschaftlicher Faktor ist, und daß die gesellschaftliche Einstellung tiefste Bedeutung hat. Aber wie wichtig und wesentlich diese Dinge auch sein mögen, das Wesen der Erziehung ist im letzten Grunde mühselig und unerläßlich intellektueller Natur. Wir in Amerika haben das außer Acht gelassen und haben kopflos und ohne Bedenken in Mittelschulen, colleges und Universitäten die verschiedensten Leute, Tätigkeiten, Zwecke und Lehrgegenstände durcheinander geworfen. Man kann zwar glänzende und solide Ausnahmen anführen, aber sie lassen sich zählen.
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Literatur
Die drei Typen waren zum Teil deswegen nicht mehr so scharf getrennt, weil sogenannte Reformschulen gegründet waren mit Lehrplänen, die von dem strengen Typus abwichen. Die Oberrealschule „Zum Dom“ in Lübeck ist eine Kombination mehrerer Typen. Es können fraglos zu viele Typen gegründet werden, und zwar mit zu großen Kosten — und das ist auch bereits geschehen.
Man kann die 1924 vom Preußischen Kultusministerium herausgegebene Denkschrift nicht genug loben. Ihr Titel ist: „Die Neuordnung des preußischen höheren Schulwesens.“ Sie stellt einen offenen Überblick über die gegenwärtige Lage der höheren Erziehung in Preußen dar; sie ist kühn, kritisch und anregend.
Siehe die amtlichen Zirkulare betreffend „Studium ohne Reifezeugnis“.
Über die Erziehung Erwachsener und über Volkshochschulkurse siehe S. 241–245.
Becker meint, daß die Einigung Deutschlands durch Bismarkcs Politik eine zu militärische und zu wenig kulturelle Tat war. C. H. Becker, Kulturpolitische Aufgaben des Reiches. (Leipzig, 1919) S. 3.
In ihrer klassischen Form sind sie am besten beschrieben von Friedrich Paulsen, Die Deutschen Universitäten (übersetzt von Frank Thilly und William W. Elwang, New York, 1906), und von W. Lexis in Band I, „Die Universitäten im Deutschen Reich“ (Berlin 1904).
Die Weimarer Verfassung sah hierfür einen Reichsausschuß vor, der aber ohne Bedeutung ist.
Die Bibliographie ist in der deutschen Ausgabe nicht mit abgedruckt, sondern nur in der englischen Übersetzung (London, 1930), S. 391–99.
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf, Erinnerungen, 1848–1914 (Leipzig), Vorwort.
Unveröffentlichte Denkschrift.
Siehe, was ich früher über Pasteur, Haldane u. a. gesagt habe.
Wenn ein neues Fach in die Prüfung aufgenommen wird, muß der Student es belegen und eine Gebühr dafür bezahlen.
Loc. cit., S. 186.
Richter, Werner: Die Organisation der Wissenschaft in Deutschland, S.4.
Loc. cit., S. 199, 251. Er bemerkt weiter, daß während der 13½ Jahre, die er in Göttingen war, das Ministerium nur einmal einen Professor berufen hat, der nicht von der Universität vorgeschlagen war, und zwar in einem Fach, in dem die betreffende Fakultät keinen Fachmann besaß; die Wahl wurde von allen gleich gleich gut geheißen (Ibid., S. 250).
„Schon vorher veröffentlichte er zwei andere größere wissenschaftliche Arbeiten, die eine, die in der Beilage der „Kölner Allgemeinen Zeitung“ erschien, über Währungsfragen und die andere (Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft) über „Die Warenhäuser, ihre Entstehung, Entwicklung und volkswirtschaftliche Bedeutung.“ Dies ist gewissermaßen das Gegenstück zu der Arbeit über den Maschenbierhandel. Schildert er dort, wie ein Stand durch die fortschreitende Entwicklung zerrieben wird, so gibt er hier ein Bild des Aufblühens der Warenhäuser und knüpft daran die Frage nach der volkswirtschaftlichen und sozialen Bedeutung der aufblühenden Großbetriebe. Das Grundprinzip beider Arbeiten ist dasselbe. Veranlassung zu dem Aufsatze über die Warenhäuser mag der Ruf der Spezialhändler gewesen sein, daß der Staat sie schützen möge, indem er die Warenhäuser mit Sondersteuern belaste. Stresemann wendet sich gegen den Gedanken, daß man Steuern gewissermaßen als Strafe handhabe, die man dem Tüchtigen, der fortschreitet, auflade zugunsten dessen, der nicht mehr die Kraft hat, voranzuschreiten; weist auf die Entwicklung der Industrie hin, die auch eine Unzahl selbständiger Existenzen vernichtet habe und schließlich doch der Anlaß war, daß das Volk in seiner Gesamtheit zu neuem Wohlstande erblühte, und gibt der Überzeugung Ausdruck, die er auch späterhin in wirtschaftlichen und politischen Fragen immer vertreten hat, daß man eine Entwicklung nicht hemmen, sondern immer nur in die richtigen Wege leiten könne.“ Baron Rochus von Rheinbaben, Stresemann: Der Mensch und Staatsmann, S. 29/30.
Spbanger, E.; Wandlungen imWesen der Universität seit 100 Jahren (Leipzig, 1930), S. 16.
In der Hamburger Universitätszeitung vom 15. Mai 1929 erhebt Ernst Moeller scharfen Protest gegen die Anerkennung der Hochschule für Leibesübungen als zugelassenes Universitätsfach. Die Schärfe, mit der gegen die Ein-fünrung solcher „Fächer“ protestiert wird, bietet eine Gewähr dafür, daß man sie von den Universitäten fernhalten wird.
Loc. cit.: S. 103.
Deutsche Hochschulstatistik (Berlin 1929/30), S. VIII. In der gleichen Zeit nahm die Zahl der Hörer an den technischen Hochschulen von 11 206 auf 22 650 zu — praktisch die gleiche Proportion. Ibid., S. IX.
Loc. cit., S. 20/21.
Über diese Fragen ist in der letzten Zeit eine beträchtliche Literatur erschienen. Dem Leser, der auf Grund der falschen Wege, die Amerika gegangen ist, Interesse daran hat, empfehle ich besonders: Paul Steinmetz: Die Deutsche Volkshochschulbewegung (Karlsruhe, 1929)
und Franz Angermann: Die freie Volksbildung (Jena, 1928). Amtliche Veröffentlichungen kann man erhalten durch das Archiv für Volksbildung im Reichsministerium des Inneren, Platz der Republik 6, Berlin.
Eine allgemeine Abhandlung über die „Hochschulen für besondere Fachgebiete“ findet sich bei Lexis, Das Unterrichtswesen im Deutschen Reich (Berlin, 1904), Bd. IV, 2. Teil. Wenn das Buch auch veraltet ist, ist es in der Hauptsache doch noch immer eine verläßlicher allgemeiner Führer.
Die Berliner Abenduniversität — Ein Vorschlag von Professor Dr. A. Silbeemann und Handelsgerichtsrat Oskar E. Haac (Berlin, 1920).
In München ist die Handelshochschule ein Teil der technischen Hochschule.
„So galt es für den jungen Doktor der Volkswirtschaft, Stresemann, sich praktisch in ganz neue Verhältnisse hineinzufinden, als er 1901 seinen ersten industriellen Posten übernahm, den eines Geschäftsführers im Verband Deutscher Schokoladenfabrikanten.“ Rheinbaben, loc. cit., S. 52.
Ihre Einstellung ist von der einer medizinischen Universitätsfakultät grundverschieden; denn wenn auch 95% aller Medizinstudenten nach dem Staatsexamen praktische Ärzte werden, ist die medizinische Fakultät in erster Linie an den Krankheitsproblemen interessiert.
C. H. Becker, Gedanken zur Hochschulreform (Leipzig, 1920), S. 17.
Man kann sich die politischen Aufstände, die an den amerikanischen Universitäten vorkommen, in Deutschland nicht vorstellen. Wenn man eine deutsche Kritik über deutsche Universitäten liest, darf man diesen grundsätzlichen Unterschied nicht aus den Augen verlieren.
Biese Einnahmen gehen nicht an die Professoren, sondern in einen Fonds der für allgemeine Zwecke in Anspruch genommen wird.
Loc. cit., S. 15.
Loc. cit. „Der reine wissenschaftliche Geist der Forschung ist noch lebendig“ (S. 17). Und weiter: „Die Deutschen Professoren fühlen sich alle in erster Linie als Forscher“ (S. 18). Zwischen der Einstellung von Wilamowitz (zitiert S. 226) und der von Becker findet sich kein eigentlicher Unterschied, wenn nur die Stufe, auf der gelehrt wird, hoch genug ist.
Man glaubt im allgemeinen, daß sowohl die Studenten, wie die Fakultäten in Deutschland in der überwiegenden Mehrzahl konservativ sind. Bas trifft aber nicht zu. Die konservativen Studentenschaften sind organisiert und treten dadurch mehr hervor; die liberalen Professoren bemühen sich seit 1924, die konservativen Vorurteile der Fakultäten richtig zu stellen. Daß in der letzten Zeit viele Studenten und Professoren zu den extremen Parteien übergetreten sind, ist auf die schlechte Finanzlage zurückzuführen.
In Preußen sind auch die Extraordinarien ordentliche Mitglieder der Fakultät, abgesehen von Berlin, wo sie wegen der Größe der Fakultäten nur Vertreter entsenden.
Die Unterschiede in den verschiedenen Ländern sind nur von geringer Bedeutung. Die Hauptsache ist, daß die Extraordinarien und Privatdozenten endlich das Gefühl haben, daß sie in der einen oder anderen Weise an der Leitung der Universität, an der Verteilung der Vorlesungen, an den Prüfungen und an der Beurteilung der Dissertationen teilhaben. Die Extraordinarien haben natürlich mehr erreicht, als die Privatdozenten, die in der Fakultät nur schwach vertreten sind und ihr Einkommen hauptsächlich aus Kolleggeldern, Stipendien und Assistentengehältern beziehen. Die Länder sind auch hierin verschieden; Preußen hat z. B. größere Fortschritte gemacht als Sachsen.
Eine Liste von mehr oder weniger überspannten Unternehmen findet man im Berliner Tageblatt vom 4. September 1929.
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Flexner, A. (1932). Die deutschen Universitäten. In: Die Universitäten in Amerika · England · Deutschland. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50926-1_4
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