Zusammenfassung
Bevor ich damit beginne, die englischen Universitäten zu besprechen, möchte ich zunächst noch einmal meine Schlußfolgerungen betreffs Amerika kurz zusammenfassen, um die beiden Länder miteinander vergleichen zu können und ihre Gegensätze deutlich zu machen. Die amerikanischen Universitäten sind, wie ich im vorhergehenden Teil gezeigt habe, sehr weitgehend durch örtliche Verhältnisse und derzeitigen äußeren Druck beeinflußt. Harvard und Yale haben sicher eine geschichtliche Vergangenheit; daß sie aber nur auf einer sehr dünnen Kulturschicht gewachsen sind, geht daraus hervor, daß die neueren Universitäten in Geist, Bestrebungen und Aufbau eine große Ähnlichkeit mit ihnen haben. Sie glauben zwar, daß sie untereinander verschieden sind; aber ihre Unterschiede sind nur unbedeutend. Diese Ähnlichkeit kommt nicht etwa daher, daß Chicago und die staatlichen Universitäten Harvard und Yale zum Vorbild genommen haben, sondern ganz im Gegenteil.
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Literatur
Das kommt auch in England vor, wie die Karriere des verstorbenen Professor Joseph Wright in Oxford, des Professors Okey in Cambridge und Daniels in Manchester zeigen.
Der Protestantismus hat auch auf dem Kontinent die höhere Erziehung angeregt; aber mit der Entwicklung der Naturwissenschaften und des Glaubens an die Erziehung ist seine Bedeutung schnell zurückgegangen. In England ist er hingegen noch heute, wie wir sehen werden, ein lebendiger Faktor.
Anm. d. Übers.: Die englische public school ist etwas ganz anderes wie die amerikanische. Die englische public school ist eine ausgesprochene Standesschule für die oberen Klassen, nach deren Absolvierung man ins college eintritt. Weiteres siehe im Text.
In England und Wales sind insgesamt 1301 höhere Schulen auf der Zuschußliste; sie hatten (1925/26) 360503 Schüler, von denen 36,5% Freistellen hatten. Wilson: The Schools of England (London, 1928), S. 357.
An dieser Stelle möchte ich folgende Worte von Professor J. L. Kandel von Teachers College, Columbia Universität, zitieren, dem ich aus ganzem Herzen zustimmen muß: „Andere Länder haben einen scharf definierten Begriff von der höheren Erziehung, und wir (Amerikaner) sollten uns die Mühe machen zu verstehen, warum diese Art der Erziehung von der handwerklichen und technischen Ausbildung getrennt wird. Der Versuch (in Amerika), in einer einzigen Anstalt jede Art von Erziehung zu vereinigen, ist der Grund, warum nirgends Gründlichkeit erzielt wird —. Die Befolgung gewisser engherziger Interessen wird — genau so zersetzend wirken wie die sogenannte aristokratische Kultur Europas. School and Society, Bd. VIII, S. 261 ff. Der ganze Artikel verdient gründlich beachtet zu werden; ich habe das Zitat gekürzt, ohne seinen Sinn zu ändern.
Die Schülerzahl stieg von 1908/09 bis 1925/26 um 165% (Wilson: loc. cit.).
Loc. cit., S. 10.
„Bas Household and Social Science Department (für Haushalt und Sozialwissenschaft) am King’s College for Women (für Frauen) wurde am 29. Januar 1929, ohne daß es eigentlich jemand merkte, zum King’s College of Household and Social Science, und damit zu einer unabhängigen Schule der Universität in der naturwissenschaftlichen Fakultät.“ Annual Report 1928/29, S. 5. Es steht damit mit dem Imperial College of Science and Technology (Naturwissenschaft und Technik) und mit der London School o¡ Economics (Nationalökonomie) auf gleicher Stufe ! Gibt es etwas Absurderes? Die Kurse sind größtenteils gründlicher als an den amerikanischen Schulen für Haushalt, wenn sie auch Vorlesungen und praktische Arbeiten in „Hausfrauenpflichten, Wäsche und Kochen“, „Elementare Buchführung“, „Handarbeiten“, und „Elektrizität im Haushalt“ mit einschließen. Was gewinnt eine solche Schule dadurch, daß sie der Universität angegliedert wird? Und was bedeutet „Universität“, wenn solche Schulen dazu gehören?
Bas Department Committee der Universität London versteht das ebensowenig wie ich (H. M. Stationery Office, 1926), S. 30, § 50.
Anm. d. Übers.: Die englischen Universitätslehrer sind in vier Ränge gegliedert: in Professoren, readers, lectures und demonstrators. Die Professoren und readers sind die höheren, die lectures und demonstrators die niederen Universitätsehrer.
The Statutes made for the University of London under the University of London Act, 1926, S. 7, Nr. 36.
Die Universität läßt außerdem noch „assoziierte“ Studenten zu, die nicht für Universitätsgrade kandidieren wollen. Dadurch werden die Universitäten noch weniger einheitlich.
Dasselbe gilt auch im allgemeinen für die Volkshochschulkurse.
Siehe hierüber Viscount Haldane, Autobiography (London, 1929), S. 124/25.
In der Universität Liverpool ist es praktisch dasselbe. Ihr Einkommen betrug 1913/14 im Ganzen 83720 Pfund und 1928/29 213150 Pfund. Ihr Vermögen betrug damals 1004109 bzw. 1967 772 Pfund. Die örtlichen Zuschüsse beliefen sich 1928/29 auf 25233 Pfund. Der Geldbedarf ist dringend, aber es ist erstaunlich, wie viel mit wenig Ausgaben und Hilfsmittel erreicht worden ist.
Gestorben am 23. März 1930.
Anm. d. Übers.: Auf den englischen Universitäten gibt es zwei Arten von Kurse, die pass courses für den gewöhnlichen Studenten, der zum gentleman erzogen wird, und die honours courses („Ehren“kurse) für die honours students (Ehrenstudenten), die ernste wissenschaftliche Arbeit leisten. Nach Dibelius (siehe Fußnote 1, S. 185) gehören z. B. in Oxford heute etwa 60% der Studenten zu den „Ehren“ studenten.
Anm. d. Übers.: Siehe Anm. 2, S. 36; 1, S. 49; 4, S. 57; 2, S. 114 und 2, S. 123. D. Sc. ist die englische Abkürzung für Doctor of Science (Doktor der Naturwissenschaft).
Dibelius, Wilhelm: England, Leipzig 1923, Bd. II, S. 118. Sehr auf-schlußreich ist auch die kleine Schrift, die 1929 von der H. M. Stationery Office herausgegeben wurde, mit dem Titel: Adult Education in Lancashire und Cheshire. Die Themen sind umfassend und vernünftig (S. 6), und die Studenten sind Arbeiter (S. 23). Die folgende Bemerkung enthält eine scharfe Kritik an den Korrespondenz- und Volkshochschulkursen der amerikanischen Universitäten: „Die akademische Einstellung wird leichter verstanden, und der geistige Unterschied zwischen den Schulklassen in und außerhalb der Universität ist geringer geworden, als es früher war“ (S. 18). Dasselbe gilt auch für die Kurse in Oxford und Cambridge.
Wenn ich auch die schottischen Universitäten beschreiben würde, würde ich dasselbe über sie sagen; auch sie haben sich ein hohes Ideal von echter Gelehrsamkeit erhalten.
„Wir haben Oxford und Cambridge als Plätze betrachtet, deren Aufgabe es ist, die Erziehung junger Leute abzuschließen, die aus kultivierten Familien kommen, die gewöhnlich in der public school ausgebildet und für das politische Leben oder die akademischen Berufe bestimmt sind.“ H. A. L. Fisher, The Place of the University in National Life (Oxford University Press, 1919), S. 4.
Siehe Fußnote 1, S. 166.
Siehe Fußnote 1, S. 46.
Hierin sind 21 colleges und 9 weitere Anstalten (Frauen colleges, usw.) mit eingeschlossen.
Siehe Fußnote 1, S. 131.
Siehe Fußnote 1, S. 166.
In Cambridge heißen die entsprechenden Körperschaften The Senate (der aus allen masters, Doktoren und Bachelors of Divinity besteht), der Council of the Senate (der von den ortsansässigen Mitgliedern des Senats gewählt wird) und der Vizekanzler, der gewöhnlich zwei Jahre im Amt bleibt. Die beiden Universitäten sind nicht gut übereinander unterrichtet; man hat gelegentlich das merkwürdige Gefühl, daß die verschiedenen colleges überhaupt nichts voneinander wissen.
Ausgenommen All Souls College, das keine eigentlichen college-Studenten hat.
Präsident Gilman (das ist allerdings vor 25 Jahren geschrieben) zitiert Professor Freeman wie folgend: „Es ist alles so enttäuschend und entmutigend; ich habe es mit jeglicher Art Vorlesung versucht und meine beste Kraft daran gegeben, aber es kommt einfach niemand!“ The Launching of a University (New York, 1906), S. 84.
Economic Journal, Juni 1908.
Gesammelte Werke, Einleitung von H. A. L. Fisher (Clarendon Press), S. 32, 34, 35.
Siehe S. 232.
1865 geschrieben. Letters, Bd. I, S. 341.
Foster wurde nicht von der Universität, sondern von Trinity College als prelector für Physiologie nach Cambridge berufen. Der damalige Rektor von Trinity College hatte zufällig für dieses Fach Interesse.
Clarendon Press, 1928.
Ibid., S. 11.
Ibid., S. 26.
Mai 1929.
Zur Universität Oxford gehören 1. ein Landwirtschaftliches Forschungsinstitut (Agricultural Economics Research Institute), 2. eine Schule für Landwirtschaft (School of Rural Economy) und 3. ein Forschungsinstitut für Landwirtschaftliche Maschinen (Agricultural Engineering Research Institute). Bas Ministerium hat in Cambridge fünf Forschungsinstitute gegründet: für Tierernährung (Animal Nutrition), Tierpathologie (Animal Pathology), Gartenbau (Horticulture), Pflanzenzucht (Plant Breeding) und Kleintierzucht (Small Animal Breeding).
Anm. d. Übers.: Als „greats“ wird in England die Abschlußprüfung bezeichnet.
Die Medizinschule von Cambridge ist trotz ihrer großen Schulen für Physiologie, Biochemie usw. noch weniger eine Fakultät als die Oxforder Schule: denn sie hat keinen Dekan, und sie hat eine ausgesprochene Abneigung gegen jede noch so lockere Organisation im Sinne einer medizinischen Fakultät.
Report of Royal Commission on Oxford and Cambridge Universities (H. M. Stationery Office, London, 1922), S. 49. Siehe auch Report, University Grants Committee, 1928/29, S. 22–30. Die gleiche Ansicht, wenn auch speziell auf die Medizin bezogen, vertritt Sir Walter M. Fletcher in seiner Norman Lockyer Lecture on Medical Research (British Medical Journal, November 30, 1929). Er sagt: „Ich muß oft daran denken, was einmal im Kriege ein Verwundeter in einem Hospital in Frankreich gesagt hat. Ein famoser Mann, wohl über 50 Jahre alt, Chauffeur bei einem Millionär, wurde gefragt, warum er seine sichere und einkömmliche Stellung zu Hause aufgegeben habe und in den Krieg gezogen sei; er lächelte durch seinen Verband und sagte bescheiden: „Ich glaube, meine Neugier war größer als mein Verstand.“ Ich weiß, daß viele Forscher eine gleich wunderliche, aber mutige Erklärung über ihre Motive abgeben könnten.“
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Flexner, A. (1932). Die englischen Universitäten. In: Die Universitäten in Amerika · England · Deutschland. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50926-1_3
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